Das Konsortium Digitalradar Krankenhaus hat die zweite Erhebung zur digitalen Reife deutscher Kliniken im Auftrag des Gesundheitsministeriums abgeschlossen. Volker Amelung und Malte Haring aus dem Projektteam sprechen im Interview über Inhalte und Potenziale des Tools.
Herr Amelung, Herr Harting, die zweite Erhebung des Digitalradars Krankenhaus ist abgeschlossen. Die Kliniken haben im Score zugelegt. Insbesondere sind sie stark in den Dimensionen „Patientenpartizipation“ und „Systeme und Strukturen“. Welche Erkenntnisse ziehen Sie daraus?
Amelung: Die einzelnen Dimensionen zeigen auf, wo die größten Effekte sind. Aber entscheidend ist, dass der Digitalradar ein Gefühl dafür vermittelt, was sich grundsätzlich in den Krankenhäusern verändert hat. Das Tool bringt Transparenz zum Digitalisierungsgrad in die Krankenhauslandschaft und ermöglicht den Vergleich mit anderen Krankenhäusern – quasi ein Benchmarking. An einzelnen Subdisziplinen sollte man sich da jetzt nicht festbeißen, weil die Häuser sehr unterschiedlich gestartet sind und aus unterschiedlichen Positionen heraus agieren.
Haring: Natürlich gibt der Zwischenbericht detaillierte Informationen wieder und zeigt, wie sich die Kliniken in den Dimensionen und Subdimensionen entwickeln. Zum jetzigen Zeitpunkt sind manche Häuser weiter als andere, was auch von den einzelnen Fördertatbeständen abhängt. Die zweite Erhebung ermöglicht somit die Betrachtung eines laufenden Veränderungsprozesses. Die Ergebnisse verdeutlichen vor allem, dass es eine Entwicklung gibt und dass diese noch nicht abgeschlossen ist. Letztlich ist Digitalisierung ja nie am Ende.
Was sind die wichtigsten Erkenntnisse der zweiten Erhebung?
Amelung: In allen sieben Dimensionen wurde ein höherer Erfüllungsgrad erreicht, mit den größten relativen Fortschritten in der bislang schwächsten Dimension „Patientenpartizipation“. Besonders stark verbesserten sich die Subdimensionen „Auftrags- und Medikations- management“, „Informationsaustausch mit externen Akteuren“ und „IT-Leistungskennzahlen“. Trotz messbarer Fortschritte bleibt die digitale Reife heterogen – einige Krankenhäuser weisen weiterhin sehr niedrige Werte auf. Für die dritte Erhebung sind jedoch weitere Verbesserungen zu erwarten. Wichtig für uns ist: Das Instrument funktioniert – jetzt müssen wir dranbleiben. Und die Begleitevaluation bestätigt, dass das Erhebungsinstrument inzwischen verständlicher und ressourcenschonender anwendbar ist; externe Digitalisierungshemmnisse werden jedoch noch nicht systematisch erfasst. Digitale Patientenangebote sind bislang kaum verfügbar, werden aber von Patient:innen als relevant wahrgenommen – hier liegt weiteres Entwicklungspotenzial.
Unikliniken und öffentliche Krankenhäuser schneiden in der Evaluation besonders stark ab, private und freigemeinnützige eher mit einer schwächeren Tendenz. Spielt hier Geld – also die Finanzierungsmöglichkeit – eine relevante Rolle?
Amelung: Diese Stärken und Schwächen sind Trends, die wir nüchtern beschreiben. Wir schaffen damit eine spannende Datenbasis, um später in einzelne Detailfragen tiefer einsteigen zu können – hin zu einer noch fundierteren Analyse auf Basis von Zahlen und Fakten. Mit jeder Erhebung tauchen wir tiefer in die Digitalisierung im Gesundheitswesen ein und prüfen mögliche Ursachen. Besonders aufschlussreich wird der Abschlussbericht im Jahr 2026 sein, wenn auf Basis der dritten Erhebung stabilere Trendaussagen möglich sind. Wir haben jetzt einen schönen Zwischenbericht mit vielen Zahlen. Man sollte aber vorsichtig sein, daraus finale Schlüsse zu ziehen.
Besonders Berlin sticht hervor als Champion im Ländervergleich, aber auch Bremen hat ordentlich aufgeholt. Wie erklären Sie sich diese Ausreißer?
Haring: Fairerweise muss man sagen, dass einzelne Häuser in manchen Bundesländern vergleichsweise sehr weit vorn in Sachen Digitalisierung sind und somit massiven Einfluss auf die Durchschnittsergebnisse haben. Solche Ausreißer haben jedoch einen starken Einfluss auf den Mittelwert und sind nicht unbedingt repräsentativ für das gesamte Land. Deshalb ist es wichtig, die Ergebnisse differenziert zu betrachten. Gleichzeitig kann der Digitalradar dazu beitragen, einen konstruktiven Wettbewerb zu fördern: Wie stehen Einrichtungen ähnlicher Struktur oder in benachbarten Regionen da? Wie stehen die Häuser in meiner Nachbarschaft da? Wie weit sind diejenigen in meiner Größenordnung? Wo liegen Entwicklungspotenziale? Genau dieser differenzierte Austausch soll durch den Digitalradar initiiert werden.
Rechnen Sie in Runde drei mit einem weiteren Digitalisierungssprint?
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