Vorstandsvorlage

Jetzt umparken im Kopf – Fokus auf 2040

  • Strategie
  • Management
  • 25.08.2025

f&w

Ausgabe 8/2025

Seite 706

Joachim Gemmel, CEO bei Asklepios

Reformansätze im deutschen Gesundheitssystem orientieren sich meist am Bestehenden. Der Nachteil: Dieser Ansatz ist langsam, bürokratisch und ineffizient. Joachim Gemmel, CEO der Asklepios Kliniken, fordert ein Umdenken. Ein Capitation-Modell könnte der Schlüssel zu einer besseren Versorgung sein.

Wer mehrere Jahre in der Gesundheitswirtschaft arbeitet, erlebt mindestens eine Reform. In den vergangenen drei Jahrzehnten gab es so viele Verbesserungen, dass wir eigentlich schon längst das beste Gesundheitssystem der Welt haben müssten. Dennoch besteht in immer kürzeren Abständen Handlungsbedarf. Wie kann das sein?

Aus Bürokratie wird nur mehr Bürokratie

Alle Reformansätze orientieren sich am Bestehenden. Also an Strukturen, Standorten und Prozessen. Vieles ist historisch gewachsen und hatte zu irgendeiner Zeit wohl seine Berechtigung. Ein solcher „evolutionärer“ Reformansatz in kleinen Schritten ist grundsätzlich nachvollziehbar, für das deutsche System der Gesundheitsversorgung hat er jedoch einen entscheidenden Nachteil: Er ist zu langsam und aus Bürokratie wird nur mehr Bürokratie. Mit unseren bisherigen kleinteiligen Vorgaben setzen wir die falschen Anreize: Es zählen die Erlöse aus Leistungen, bei denen sich ein Mehr eben auch mehr lohnt. Dies fördert zugleich eine Vollkaskomentalität bei den Versicherten.

An Zielen orientieren, nicht am Bestehenden

Die Bedingungen und Möglichkeiten haben sich in den vergangenen Jahren grundlegend geändert. Statt uns bei Reformen am Bestehenden zu orientieren, sollten wir es daher einmal grundsätzlich andersherum machen und uns daran orientieren, was wir erreichen wollen. Und das ist ein möglichst guter Gesundheitszustand unserer Bevölkerung. Selbst die bestmögliche medizinische Versorgung ist letztlich nur ein Mittel zum Zweck und nicht das eigentliche Ziel.

Wenn wir die möglichst gute Gesundheit einer Bevölkerungsgruppe oder einer Region als Ziel vorgeben, ein bestimmtes Budget dafür zur Verfügung stellen und das überzeugendste Konzept eines Anbieters auswählen, der für Prävention, Früherkennung, ambulante und stationäre Behandlung, Reha und Nachsorge verantwortlich ist, also für die komplette Versorgung, dann darf sich dieses Konzept in der Praxis bewähren.

Aufwendige Behandlungen vermeiden, gesunden Lebensstil belohnen

Das klingt für viele sicherlich beängstigend neu. Es könnte jedoch eine Lawine positiver Folgen nach sich ziehen. Statt möglichst viele, möglichst aufwendige Behandlungen durchzuführen, ginge es darum, diese zu vermeiden. Prävention und Früherkennung würden an Stellenwert gewinnen. Es wäre sogar möglich, dass der verantwortliche Gesundheitsversorger einen gesunden Lebensstil nicht nur bewirbt, sondern auch belohnt. Die Eigenverantwortung würde gestärkt, ebenso wie die Motivation für Innovationen und Digitalisierung. Reibungsverluste durch Sektorengrenzen, Doppeluntersuchungen oder misslungene Übergänge, beispielsweise in die Reha, würden der Vergangenheit angehören. Strukturen würden sich der Versorgungsnotwendigkeit anpassen.

Alle Träger können sich beteiligen

Ein solches Modell, bei dem die gesamte Versorgung einem Anbieter übertragen wird, mag gerade bei der großen Zahl an Staatsgläubigen Ablehnung hervorrufen, wenn es nicht unter öffentlicher Trägerschaft geschehe. Dabei bleibt völlig offen, welche Träger oder Konsortien sich an einem solchen Wettbewerb beteiligen. Es wäre sogar wünschenswert, wenn unterschiedliche Konzepte in jeweils einer Region als Pilotprojekte zum Einsatz kämen und miteinander konkurrierten, um den besten Ansatz herauszuarbeiten.

In anderen Staaten gibt es bereits solche Capitation-Modelle, die zu Kostensenkungen geführt haben, ohne die Versorgungsqualität zu beeinträchtigen. Selbstverständlich sollte die Qualität gemessen werden, auch um die Ergebnisse auszuwerten, daraus zu lernen und die Versorgungsmodelle kontinuierlich zu optimieren.

Die Zeit läuft ab. Parken wir um.

Autor

f&w führen und wirtschaften im Krankenhaus

Die Fachzeitschrift für das Management im Krankenhaus

Erscheinungsweise: monatlich

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