Trotz hoher Kosten und wachsender Konkurrenz aus China bleibt Deutschland ein starker Standort für medizinische Robotik. Holger Reinecke, Vorstandsmitglied bei Aesculap, erklärt, weshalb dezentrale Innovation ein entscheidender Wettbewerbsvorteil ist und wie künstliche Intelligenz den Operationssaal neu definiert.
Herr Professor Reinecke, Deutschland gilt als teurer, langsamer und bürokratischer Produktionsstandort. Lassen sich OP-Roboter hierzulande noch wettbewerbsfähig produzieren?
Klare Antwort: Ja, das ist möglich. Deutschland bietet nach wie vor substanzielle Standortvorteile, zum Beispiel ein stabiles Rechtssystem, ein leistungsfähiges Bildungssystem und eine hohe technologische Kompetenz. Die B. Braun-Gruppe und Aesculap als deren Chirurgie-Sparte beziehen zwar weltweit Komponenten, fertigen ihre robotischen Systeme jedoch überwiegend in Deutschland. Natürlich besteht Nachholbedarf, etwa bei der Infra- struktur, dem Fachkräftemangel und im Umgang mit Zukunftstechnologien wie der künstlichen Intelligenz. KI lässt sich grundsätzlich in jedes Produkt integrieren – vorausgesetzt, der Zugang zu den großen Sprachmodellen ist gewährleistet.
Auf der Automatica-Messe für Robotik im Juli war China ein großes Thema. Welche Rolle spielen chinesische Hersteller im Bereich OP-Robotik?
Weltweit gibt es rund 180 bis 200 Unternehmen im Robotikbereich, etwa 60 davon stammen aus China. Der Rest verteilt sich auf die USA und Europa. Der Wettbewerb wird zunehmend von China geprägt. Das Land ist stark in Kommunikationselektronik, Bild- verarbeitung, Miniaturisierung und Datenverarbeitung – also in allen Schlüsseltechnologien für den Bau und die Weiterentwicklung von Robotern.
Ist China führend?
Nicht führend, aber auf Augenhöhe. Der Markt für medizinische Robotiksysteme wird derzeit von US- amerikanischen und einigen deutschen Unternehmen dominiert. Auf internationalen Messen treten jedoch immer mehr chinesische Anbieter mit großem Potenzial auf. China ist technologisch stark, keine Frage. Aber wir haben in Europa ein Ökosystem aus spezialisierten Mittelständlern, das in seiner Vielfalt und Tiefe einzigartig ist. Diese Dezentralität ist unsere Stärke.
Und das stimmt sie optimistisch, dass der Westen den Anschluss nicht verliert?
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