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Worauf es beim ambulanten Mindset ankommt

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Worauf es beim ambulanten Mindset ankommt
Jens Schick © Sana Kliniken AG

Das Ambulantisierungspotenzial liegt je nach Studie zwischen 20 und 30 Pro­zent. Wenn man sich einmal gedanklich – jenseits von Finanzierungslogiken – in die Lage des Patienten versetzt, fragt man sich, warum er in ein Krankenhaus gehen soll, wenn es vergleichbare am­bulante Behandlungsmöglichkeiten gibt. Ein Patient, dem beispielsweise ei­ne Hüft- oder Knieendoprothese einge­setzt wird, verbringt hierzulande etwa eine Woche im Krankenhaus. Im inter­nationalen Vergleich zeigt sich ein an­deres Bild: Im Extremfall finden diese Operationen ambulant statt, in vielen Fällen bleiben die Patienten ein bis zwei Tage stationär.

Das deutsche Gesundheitswesen ist durch historisch gewachsene Strukturen geprägt, die mit den neuen Versorgungsrealitäten zunehmend nicht mehr Schritt halten können. Die unzureichende Ver­netzung der Sektoren stellt bis heute ein strukturelles Problem dar. Das größte Hindernis, mit dem Deutschland derzeit zu kämpfen hat, ist finanzieller Natur. Ursache sind die zwei getrennten Vergü­tungssysteme, die sich konzeptionell und systematisch stark unterscheiden. Dies führt zu Fehlsteuerungen, zum Beispiel zu längeren Krankenhausauf­enthalten als notwendig. Die Vergütung muss durchlässiger werden und darf keine Fehlanreize setzen.

Drei Schwerpunkte setzen

Die Sana Kliniken haben den ambulan­ten Bereich deutlich ausgebaut, mit drei Stoßrichtungen:

  • Der Klinikkonzern hat, wie andere auch, rund um die eigenen Kliniken Me­dizinische Versorgungszentren (MVZ) aufgebaut – im besten Fall in enger Part­nerschaft mit möglichst vielen Fachab­teilungen des Krankenhauses.
  • Sana hat für große Indikationen, ins­besondere in der Radiologie und Ortho­pädie, die Mehrheit an der Med360° er­worben, die inzwischen eine der größten radiologischen und orthopädischen Ver­sorgungsketten darstellt. Rund um die Krankenhausstandorte wurden entspre­chende Strukturen aufgebaut.
  • Die pathologische Versorgung wurde wieder vollständig eingegliedert, sodass Sana heute in der Lage ist, die Häuser sowohl ambulant als auch stationär selbst zu versorgen. Es wurde ein Netz­werk von knapp 650 Vertragsarztsitzen aufgebaut.

Um jedoch ambulante Kompetenzen und ein ambulantes Mindset zu entwi­ckeln, gilt es, die richtigen Anreizstruk­turen zu schaffen. Das gilt auch für grö­ßere Einheiten wie Med360°. Sie be­treibt unter anderem eine Fachklinik, die optimal auf das ambulante Operieren ausgerichtet ist – von den Räumlichkei­ten, den Instrumenten, den Prozessen, den Teams und der Mentalität. So gelingt es, hohe medizinische Kompetenz mit einer guten OP-Auslastung zu verbin­den.

Ambulantisierung in zwei Richtungen

In der Diskussion wird häufig nur auf die Übernahme ambulanter Leistungen durch die Kliniken verwiesen, die Ambulantisierung verläuft jedoch in zwei Richtungen. Ambulante Leistungser­bringer könnten (verstärkt) Leistungen erbringen, die heute im stationären Be­reich angesiedelt sind. Getreu dem Mot­to: Das Krankenhaus stellt die Infra­struktur, aber die eigentliche medizini­sche Leistung wird selbst erbracht. Das könnte in den nächsten Jahren zu einer Zunahme von Kooperationen zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten führen.

Die Art der Zusammenarbeit wird so­mit stark von den lokalen Gegebenheiten abhängen, was generell für die sektoren­übergreifende Versorgung gilt. Handelt es sich um einen Ballungsraum oder um eine ländliche Region? In manchen länd­lichen Regionen ist bereits heute das Krankenhaus der einzige verbliebene Versorger. Niedergelassene Ärzte haben oft Schwierigkeiten, Nachfolger für ihre Praxen zu finden. In Ballungsräumen hingegen ist die ambulante Versorgung nach wie vor stark umkämpft.

Auch die ärztliche und pflegerische Kompetenz vor Ort, die allgemeine Per­sonalsituation und die Kooperationsbe­reitschaft insbesondere der Kassenärzt­lichen Vereinigung (KV) spielen eine entscheidende Rolle. Krankenhäuser haben oft keine Möglichkeit, ambulant zu behandeln, weil ihnen die Zulassun­gen oder Ermächtigungen fehlen, die in der Regel von den KV vergeben und ge­plant werden. So ist es sinnvoll, wo es geht, einen ambulanten Zugang zu be­kommen – sei es durch eigene KV-Sit­ze oder in Kooperation mit niedergelas­senen Ärzten und Partnern. Ziel ist, an einem Standort den kompletten Zugang zur ambulant-stationären Versorgung und bestenfalls auch zur Nachsorge an­zubieten.

Trotz Konzernstrukturen kann man aber immer nur für jede einzelne Klinik im Sinne einer regionalen Vernetzung denken: Wie eine Versorgungskette für den Patienten aus einer Hand aufbauen? Jede Klinik muss eigenständig entspre­chende Strukturen schaffen, um die am­bulante Versorgung mit schlanken und schnellen Prozessen zu realisieren. Da­bei spielen zum Teil auch unterschied­liche Berufsbilder eine Rolle.

Hybrid-DRG grundsätzlich richtig

Die Hybrid-DRG ebnen den richtigen Weg, um die Ambulantisierung voran­zutreiben und stellen eine Zwischenfi­nanzierung zwischen ambulant sowie stationär dar. Das Krankenhaus erhält eine Vergütung, die etwa ein Drittel un­ter einer klassischen DRG-Vergütung liegt, und kann dann selbst entscheiden, wie der Patient behandelt wird – ob er einen Tag, zwei Tage oder drei Tage bleibt -, ohne Abschläge aufgrund von Grenzverweildauern im DRG-System befürchten zu müssen. Damit soll ein Anreiz für Krankenhäuser geschaffen werden, mehr Patienten ambulant zu be­handeln.

Aufgabe ist es, in den Häusern Struk­turen zu schaffen, die es ermöglichen, Patienten auch bei reduzierter Vergü­tung wirtschaftlich zu behandeln. Das heißt, es kann nicht mehr im gleichen Setting wie im stationären Bereich ge­arbeitet werden. Das erfordert auch ein Umdenken sowohl in der Medizin als auch in der Pflege.

Zeit zum Üben bleibt noch, um Strukturen und Prozesse anzupassen. In diesem Jahr gibt es noch einen schma­len Katalog an möglichen Hybridleistungen. Ein Blick auf den Katalog der Hybrid-DRG für das nächste Jahr zeigt jedoch, dass deutlich mehr Leistungen vorgesehen sind und auch mehr Leis­tungen in das Thema einfließen müssen.

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