Seit Jahresbeginn gilt ein neuer Vertrag für ambulantes Operieren (AOP). Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) sieht Nachbesserungsbedarf: Der Vertrag berücksichtige unter anderem Kontextfaktoren sowie individuelle Wünsche der Patientinnen und Patienten unzureichend, kritisiert die Fachgesellschaft in einer gemeinsamen Erklärung mit den internistischen Schwerpunktgesellschaften.
Georg Ertl, Generalsekretär der DGIM, fordert, dass bei der Entscheidung für eine ambulante oder stationäre Behandlung auch die häusliche Versorgungssituation der Betroffenen sowie die Meinung der Patientinnen und Patienten berücksichtigt werden sollten. „Die Patientinnen und Patienten sollten ausdrücklich in die Entscheidung, wo, wie und durch wen die Maßnahme durchgeführt wird, mit einbezogen werden“, so Ertl. Besonders wichtig sei es, dass bei ambulanten Eingriffen dieselben Qualitätsmaßnahmen etabliert werden wie bei stationären Eingriffen. Bei der Entscheidung für oder gegen einen ambulanten Eingriff müssen Kontextfaktoren deutlich stärker Berücksichtigung finden, so Ertl. „Im aktuellen Vertrag finden wichtige Fragen zu wenig Berücksichtigung, etwa danach, ob die Betroffenen pflegebedürftig und bewegungseingeschränkt sind, in ihrem Alltag Hilfe benötigen oder aufgrund ihrer Konstitution nach einer Betäubung ein erhöhtes Delir-Risiko haben“, sagt der Internist.
DGIM drängt auf Weiterentwicklung des AOP-Vertrages
Dies gelte auch für die Themen Multimorbidität und Komorbiditäten, zum Beispiel eine fortgeschrittene chronische Nierenkrankheit oder Herzinsuffizienz, die Stoffwechsellage und Therapiestrategien bei Diabetes, Immunsuppression sowie chronisch entzündliche und rheumatische Erkrankungen. „All diese Thematiken bildet der AOP-Vertrag medizinisch unzureichend ab“, konstatiert auch Dirk Müller-Wieland, CO-Vorsitzender der DGIM-Kommission Struktur der Krankenversorgung.
Die DGIM fordert deshalb dringend eine Weiterentwicklung des AOP-Vertrages. „Kontextfaktoren sollten regelmäßig überprüft und angepasst werden. Außerdem braucht es regionale Vereinbarungen, um etwa im ländlichen Raum einer Unterversorgung durch strukturbedingte Faktoren zuvorzukommen“, so Müller-Wieland. Für die Ausarbeitung der Kriterien, wann eine ambulante Behandlung durchgeführt werden soll, sei es notwenidg, die Expertise der medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaften zu Rate zu ziehen. Die DGIM verfügn über das nötige Fachwissen für die verlässliche, qualitätsorientierte Weitergestaltung des AOP-Katalogs. "Wir erwarten daher, in diesen Prozess miteingebunden zu werden“, sagt Ertl.