Krankenhausreform

Bund und Länder finden keinen Konsens

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Bund und Länder finden keinen Konsens
© iStock.com/Viktor_Kitaykin

Das letzte geplante Bund-Länder-Treffen zur Krankenhausreform hat nicht zum angekündigten Eckpunktepapier für die Krankenhausreform geführt. Stattdessen will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Eckpunkte mit den Ländern nun am 10. Juli festzurren – dann tagt die Gesundheitsministerkonferenz noch einmal. Auf der Pressekonferenz im Anschluss an das heutige Treffen gab es hingegen nur zwei klare Aussagen: Lauterbach hält an der Level-Einteilung der Kliniken zu Transparenzzwecken fest und ein Vorschaltgesetz zur Abmilderung der Inflation wird es nicht geben. 

Schon im Vorfeld des Treffens hatten das Bundesgesundheitsministerium (BMG) und die Länderminister ihren Dissens in Papieren, die an die Presse lanciert wurden, zum Ausdruck gebracht. Der Streit um die Level ging dabei in die nächste Runde. Ursprünglich sollten sie mit den Leistungsgruppen und der Vorhaltefinanzierung verknüpft werden. Davon hat Lauterbach bereits vor Monaten Abstand genommen. Die Level-Zuordnung will der Bund dennoch vornehmen, um den Bürgern die Leistungen der Kliniken transparent zu machen. Auch das lehnen die Länder ab, weil Kliniken so in Verruf geraten könnten. „Es gibt den Reflex, dass die Bürger Level und Stufen mit Güte verbinden“, sagte der baden-württembergische Gesundheitsminister Manfred Lucha (Bündnis 90/Die Grünen) dazu. Lauterbach bekräftigte zwar, dass ein hohes Level nicht unbedingt eine bessere Güte der Behandlung zum Ausdruck bringe, er stellte jedoch klar: „Die Level werden von uns veröffentlicht.“. Erfahrung, Fallzahlen, Komplikationsraten, Facharzt- und Pflegeschlüssel – all diese Indikatoren sollen in der Level-Zuteilung ablesbar sein. 

Vorhaltefinanzierung: Rechengerüst weitgehend akzeptiert

Beim Thema Vorhaltefinanzierung sei man auf einem guten Weg, erklärte Lauterbach. Die Rechensystematik, die seine Kommission und das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) derzeit bauen, würde von den Ländern im Großen und Ganzen akzeptiert. Hier sei in den nächsten Monaten allerdings noch viel Detailarbeit zu erledigen. Schweregrade, Landesbasisfallwert, Risikostrukturausgleich oder Sicherstellungsauftrag – viele verschiedene Komponenten gelte es zu berücksichtigen, so Lauterbach. Der Bundesminister stellte auch klar, dass Effizienzgewinne, die ein Bundesland oder eine Region durch Zentralisierung erreicht, nicht abfließen dürfen. Spezialisierung werde vor Ort belohnt, indem das eingesparte Budget auf die Vorhaltefinanzierung anderer Standorte der Region übertragen werde. Das hatten die Länder gefordert. Lucha betonte, dass es noch etliche Unklarheit gebe, etwa im Umgang mit Grenzregionen oder Stadtstaaten. Auch wie Effizienzgewinne der Vergangenheit honoriert würden, müsse geklärt werden. Das zusätzliche Geld für Unikliniken, bekräftigte Lauterbach noch, solle nicht aus dem laufenden Kassenbudget kommen, sondern Extra-Geld sein.

Leistungsgruppen: Vieles noch Verhandlungssache

Komplex sind auch die Gräben rund um die Leistungsgruppen. Die Leistungsgruppen sind das Planungselement in der NRW-Reform, sollen jetzt in der Bundesreform aber auch für die Finanzierungsreform tragend sein. Gestritten wird um Details ebenso wie die Zuständigkeiten. Die Kriterien würden gleichberechtigt von Bund und Ländern aufgestellt, so Lauterbach. Derzeitiger Stand: Neben den 60 somatischen Leistungsgruppen aus Nordrhein-Westfalen kommen fünf weitere hinzu: Infektiologie, Notfallmedizin, spezielle Traumatologie, spezielle Kinder- und Jugendmedizin und spezielle Kinderchirurgie. Wie die Weiterentwicklung der Kriterien konkret organisiert wird, bleibt offen. Lucha untermauerte, dass dies in erster Linie Ländersache sei, „denn nur wir können später beklagt werden“. In einem Papier, das vom BMG am Vortag veröffentlicht wurde, heißt es: „Die Ausdifferenzierung und Weiterentwicklung der Leistungsgruppen mit Qualitätskriterien erfolgt alle zwei Jahre in einem mehrstufigen Verfahren.“ Wissenschaftliche Grundlage liefern das InEK, die medizinischen Fachgesellschaften und das Bundesinstitut für Arzneimittelsicherheit. Im zweiten Schritt soll ein Ausschuss mit allen relevanten Selbstverwaltungspartnern tagen. Einigt der sich nicht, soll das BMG eine Verordnung erlassen, der der Bundesrat zustimmen muss. 

Vorschaltgesetz erteilt Lauterbach eine klare Absage

Dem Ruf von Ländern und Klinikverbänden nach einer Geldspritze in Form eines Vorschaltgesetztes erteilte Lauterbach eine klare Absage. „Da kann ich den Ländern keine Hoffnung machen, weil der Bund diese Mittel nicht hat“, so der Minister. Mit dem Geld könnten die Kostensteigerungen der Kliniken infolge der Inflation abgemildert werden. Lucha nannte das Thema eine „tricky Situation“. Einerseits habe man schon viele Finanzpakete für die Kliniken geschnürt, andererseits müsse man konstatieren, dass vor allem sehr große Kliniken mit vielen Betten und Fällen derzeit sehr belastet seien. Ziel müsse sein, „Kliniken, die systemrelevant sind, nicht über die Wupper gehen zu lassen“. Geld von den Ländern ist aber offenbar auch nicht zu erwarten. Lucha verwies auf den in Aussicht gestellten Zuschuss für Transformationskosten der Klinikreform – also für die Kliniken nichts Greifbares. 

Details zu den umstrittenen Level-1i-Kliniken ließen die beiden Minister auf der Pressekonferenz völlig außen vor. Im Papier vom Vortag hatte das BMG den Ländern zugestanden, dass auch bettenführende Primärversorgungszentren (PVZ), regionale Gesundheitszentren oder andere ambulant-stationäre Zentren-Level 1i-Kliniken werden könnten. 

Gemischtes Doppel: Markige Sprüche und Kuschelrethorik

Insgesamt war die Pressekonferenz bei weitem nicht so euphorisch wie die vorangegangene Anfang Juni. Lauterbach hat in den vergangenen Wochen einige Zugeständnisse gemacht, aber auch klargestellt: Wenn es keine deutlichen Qualitätsverbesserungen und Effizienzsteigerungen gebe, lasse er die Reform platzen. Auch die Länder sparen nicht mit scharfer Rethorik. Auf den Pressekonferenzen nach den Bund-Länder-Treffen begeben sich die anwesenden Minister jedoch eher auf Kuschelkurs – ohne sonderlich konkret zu werden. Wie groß die Fortschritte in der Annäherung wirklich sind, ließ sich anhand der Aussagen von Lucha und Lauterbach nicht erkennen. 

Autor

 Jens Mau

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