Die aktuellen bereits umgesetzten oder geplanten Reformen wirken auf mich, wie ein Puzzlespiel. Hier ein Teil Tagesentgelte, dort ein – etwas voreilig zusammengesetztes – Stück Hybrid-DRG, einige Teile Krankenhausreform und noch etwas Notfallversorgung. Der Originalkarton ist nicht dabei, daher ist völlig unklar, wie das Gesamtbild am Ende aussehen soll und ob die Teile überhaupt alle zum gleichen Bild gehören.
Damit die Teile auch zusammenpassen und weil es in diesem Gesundheitssystem viele Beteiligte gibt, die an diesem Puzzle mitwirken, brauchen wir eine gemeinsame Vorstellung davon, wie das fertige Bild aussehen soll. Wir brauchen dieses Bild auch, weil das Gesundheitswesen ein Ökosystem ist: Veränderungen in einem Bereich haben Auswirkungen auf andere Bereiche und diese Zusammenhänge kommen leicht aus dem Blick, wenn man sich zu sehr auf nur einen Teil des Bildes konzentriert.
Ambulantisierung zum Beispiel ist sicher nötig und wichtig, hat jedoch Auswirkungen auf Aus- und Weiterbildung sowie die Finanzierungsstruktur der Krankenhäuser und vor allem bleibt die Frage, wie das Zusammenspiel stationärer und ambulanter Versorgung insgesamt aussehen soll, angesichts der Altersstruktur im niedergelassenen Bereich und der Tendenz zu angestellter (Teilzeit-)Tätigkeit.
Auch bei der „großen“ Krankenhausreform passen einige Teile noch nicht so recht zusammen. Es wäre die Hausaufgabe der Kommission bzw. des BMG gewesen, sich das Bild der daraus entstehenden Krankenhausstrukturen erst einmal anzusehen und selbst festzustellen, dass es vielleicht nicht so ganz den gewünschten Strukturen entspricht. Nun bleibt der Eindruck, die Kommission macht Theorie am grünen Tisch ohne Bezug zu Praxis und Realität.
Auch der Kern des Vorschlags, die überwiegend begrüßte Vorhaltefinanzierung über die Leistungsgruppen, bringt noch erhebliche Probleme mit sich. Denn eine normative Bereinigung der DRG und die Pauschale Vorhaltevergütung über die Leistungsgruppe berücksichtigt nicht die hinsichtlich Höhe und Fixkostenanteil sehr unterschiedlichen Leistungen innerhalb einer Leistungsgruppe. Dadurch kann es, wie von Herrn Heimig beim DRG-Forum dargestellt, je nach Leistungsspektrum innerhalb einer Leistungsgruppe zu erheblichen Schieflagen und damit auch Fehlanreizen kommen.
Es wäre meiner Ansicht nach leichter, mit einem klaren Zielbild solche unvermeidbaren Umsetzungs- und Folgeprobleme zu diskutieren und nach den richtigen Wegen zum Ziel zu suchen. Noch wichtiger ist das Zielbild allerdings deshalb, weil wir auf diesem Weg nicht allein sind: Bund, Länder, Krankenhäuser, Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigungen, aber auch die Ärztinnen und Ärzte in den Krankenhäusern und der ambulanten Versorgung, alle anderen Menschen, die in der Versorgung arbeiten, vor allem aber die Bürgerinnen und Bürger, die von der Veränderung der Versorgung betroffen sind, müssen diesen Weg gemeinsam gehen und mittragen.
Das ist erheblich leichter, wenn das Ziel klar ist – ansonsten könnte die „Revolution“ anders aussehen, als sie sich Gesundheitsminister Lauterbach vorstellt.