Auswirkungsanalyse

DKG: Vorhaltepauschale verfehlt alle Ziele

  • Krankenhausreform
DKG: Vorhaltepauschale verfehlt alle Ziele
© Regina Sablotny

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) kommt zu einem vernichtenden Urteil für die von Bund und Ländern geplante Vorhaltefinanzierung auf Basis der Leistungsgruppen: „Sie verfehlt alle Ziele“, urteilt die DKG. Die Krankenhausgesellschaft beruft sich auf eine Studie, die das Hamburger Beratungsunternehmen Vebeto in ihrem Auftrag erstellt hat. Fazit der Studie: Die Vorhaltepauschalen verfehlen das Ziel, den Kliniken ein finanzielles Grundrauschen zu garantieren und die Fallzahlabhängigkeit spürbar zu reduzieren. Stattdessen komme es mit den Vorhaltepauschalen zu ähnlichen Schwankungen wie im DRG-System – „nur komplizierter und auf längeren Zeitskalen“. Im Mittel verhielten sich die Erlöse gleich wie im DRG-System. „In den Simulationen haben wir also keinen Anhaltspunkt dafür gefunden, dass die neue Art der Finanzierung kleinen Krankenhäusern hinsichtlich des wirtschaftlichen Überlebens hilft.“ Auch das Reformziel “Entbürokratisierung” verfehle die Reform. Eine insgesamt gesteigerte Komplexität sei kaum mit einer Reduktion des Verwaltungsaufwands in Einklang zu bringen.

Vebeto: „Zusammenhang zwischen Fallzahlen und Erlösen wird nur komplizierter“

„Eine Entökonomisierung findet nicht statt, die Fallzahlen bleiben maßgeblich und Leistungskonzentration wird in diesem System nicht belohnt“, resümiert Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der DKG. Leistungszuwächse würden stattdessen im geplanten Vorhaltesystem weniger stark honoriert als im jetzigen System. „Wir halten ein System für klüger, das sich auf die Gesamtkosten einer Klinik fokussiert, anstatt sich mit jeder einzelnen Leistungsgruppe zu befassen“, so Gaß. Gemeint sind beispielsweise der Ausbau von Instrumenten wie Sicherstellungs- oder Zentrumszuschläge. Damit erteilt die DKG den Vorhaltepauschalen in der jetzt geplanten Form eine deutliche Absage. Bund und Länder hatten sich vor einem halben Jahr für die Pauschalen auf Basis der Leistungsgruppen ausgesprochen. 

Die Studie ist die erste Auswirkungsanalyse bezüglich der Vorhaltepauschalen. Die Schwierigkeit einer solchen Simulation liegt in der Tatsache, dass ein Feintuning der Vorhaltefinanzierung fehlt. Die komplexen Berechnungen finden derzeit hinter verschlossenen Türen statt: Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) berechnet die Pauschalen derzeit auf Basis von DRGs und Leistungsgruppen. Ein weiterer Analyseauftrag kommt erst mit der Verabschiedung des umstrittenen Krankenhaustransparenzgesetzes. Die Simulation des Hamburger Beratungsunternehmens Vebeto nimmt das Eckpunktepapier von Bund und Ländern als Vorlage und simuliert eine reformierte Krankenhauslandschaft im Jahr 2030 – also die Zeit nach der Konvergenzphase einer umgesetzten Reform. Basis der Simulation ist ein 150-Betten-Haus mit einer Urologie und einer Abteilung für Endoprothetik. Weitere Informationen zur Studie lesen Sie hier.

Bschor und Karagiannidis: „Studie ist eindimensional und zu statisch“

Die Studie, deren Präsentation laut DKG mehrere tausend Teilnehmer live im Internet folgten, schlug unmittelbar Wellen. Tom Bschor und Christian Karagiannidis, Mitglieder der Regierungskommission und an den Reformvorschlägen des BMG beteiligt, meldeten sich unmittelbar in einer Pressemitteilung des BMG zu Wort. Die Vebeto-Studie sei eindimensional und zu statisch, schreiben Bschor und Karagiannidis. Die geplante Krankenhausreform setze voraus, dass Behandlungen gebündelt werden und kleinere Kliniken zu größeren Kliniken fusionieren. „In den Ballungsräumen sind die Voraussetzungen hierfür hervorragend, da Deutschland über eine europaweit einzigartig hohe Dichte an Krankenhäusern verfügt.“ Für ländliche Kliniken wiederum bestehe die Möglichkeit eines Level Ii-Krankenhauses und damit der vollständigen Abkehr vom DRG-System. „Daneben sind Sicherstellungszuschläge und Aufschläge auf das Vorhaltebudget für bedarfsnotwendige Krankenhäuser in dünn besiedelten Gegenden vorgesehen.“ All das berücksichtige die Studie nicht. 

Klinken steht das Wasser bis zum Hals

DKG-Chef Gerald Gaß wies auf ein weiteres Problem der Vorhaltepauschalen hin: Wenn ein Bundesland Spezialisierung, Standortschließungen und Ambulantisierung vorantreibt, könnten Patienten ins Nachbarland abwandern – und damit würde auch die Finanzierung in Form von DRG- und Vorhalte-Erlösen abfließen. Damit streift der DKG-Chef eine von vielen noch offenen Fragen. Zwar ist es wahrscheinlich, dass die Länder solch einem „Schwund“ von Kassengeld mit entsprechenden Regelungen entgegentreten werden. Doch klar ist das nicht. Angesichts vieler offener politischer und technischer Fragen fällt es schwer, die Auswirkung der Reform sinnvoll abzuschätzen. Insofern ist die DKG-Studie ein wichtiger Diskussionsbeitrag. Nun ist das Gesundheitsministerium am Zug. Die Krankenhäuser monieren zu Recht, dass sie angesichts der Hängepartie zwischen Bund und Ländern kaum Planungssicherheit haben, während ihnen aufgrund der finanziellen Lage das Wasser bis zum Hals steht. 

Ursprünglich sollte die Krankenhausfinanzierungsreform schon Gesetz sein. Nun wandert die Deadline immer weiter nach hinten. Allerspätestens vor der Sommerpause müsste das Bundeskabinett einen Reformentwurf beschlossen haben, damit er in dieser Legislatur noch umsetzbar ist. 


Autor

 Jens Mau

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Mit unserem täglichen Newsletter informieren wir bereits rund 10.000 Empfänger über alle wichtigen Meldungen aus den Krankenhäusern und der Gesundheitsbranche

Kontakt zum Kundenservice

Rufen Sie an: 0 56 61 / 73 44-0
Mo - Fr 08:00 bis 17:00 Uhr

Senden Sie uns eine E-Mail:
info@bibliomedmanager.de

Häufige Fragen und Antworten finden Sie im Hilfe-Bereich