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Ein Beispiel für Deprofessionalisierung

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Ein Beispiel für Deprofessionalisierung
Arne Evers © Regina Sablotny

Da ist es nun endlich passiert: Die Pflegeberufe in Deutschland bekommen die Möglichkeit zur Heilkunde. Das ist ein wichtiger Schritt für mehr pflegerische Autonomie, aber bei aller Freude – das ist nur ein Heilkündchen. Es ist nicht der erwartete große Wurf. Zugegeben, dass „Pflegekompetenzgesetz“ soll ja noch zum Ende des Jahres kommen, aber da muss dann auch tatsächlich etwas kommen. Zwar ist die Freude über das jetzt erreichte Zwischenziel berechtigt, aber es kann nicht das Ende von dem sein, was der Minister auf dem Deutschen Pflegetag angekündigt hat. 

Allerdings tröstet das derzeitige Zwischenziel nicht darüber hinweg und steht sogar damit im Zusammenhang, dass im Rahmen der Krankenhausstrukturreform die Pflege aktuell eine der großen Verliererinnen ist. Oder anders gesagt: Nach den aktuellen Arbeitsentwürfen kann man hier von Deprofessionalisierung sprechen. 

„Nurse-led clinic“ wäre Aufwertung gewesen

Es begann mit dem sehr guten Vorschlag der Regierungskommission, in Level-1i-Krankenhäusern auch Advanced Practice Nurses mit mehr Befugnissen auszustatten. Der Begriff der „nurse-led clinic“ – also Einrichtungen, die von Pflegekräften eigenverantwortlich geführt werden – wäre eine tatsächliche Aufwertung gewesen.

Dann folgte im Mai 2023 mit dem ersten Eckpunktepapier die Realität: keine Advanced Practice Nurse mehr vorhanden, dafür eine Klarstellung, dass die Pflege nichts mitzubestimmen habe. Sie dürfe zwar Geschäftsführung sein; das stellt aber inhaltlich keine Aufwertung dar. 

Denselben Inhalt gab es dann im Eckpunktepapier im Juli 2023 erneut, nur etwas freundlicher formuliert. Und völlige Ernüchterung gab es dann mit dem ersten Arbeitsentwurf zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz. Ja, es ist ein Arbeitsentwurf und nicht das finale Dokument, aber es ist nicht davon auszugehen, dass hier noch große Änderungen reinkommen, denn dafür ist der Zeitplan zu eng getaktet. 

Zementierung des Ist-Zustands

Was drin steht, ist relativ einfach zusammengefasst: Pflege darf alleinverantwortlich das machen, was sie eh schon macht. Dargestellt wird es aber als Innovation. Die neue medizinisch-pflegerische Versorgung ist in völliger Abhängigkeit der Ärzteschaft und die Struktur- und Personalvorgaben werden an der Profession Pflege vorbei geregelt: Das nennt man Deprofessionalisierung!

Es hätte sich hier die Möglichkeit geboten, dem Pflegeberuf einen besonderen Stellenwert zukommen zu lassen und eine Versorgungsform zu entwickeln, die attraktiv für Pflegekräfte wie Patient:innen ist. Auch hätten sich damit viele weitere Anknüpfungen zum Beispiel durch Community Health Nursing ergeben können. Das wäre Innovation gewesen, so ist es nur Zementierung des Ist-Zustands. 

Bis das Gesetz greift, wird noch einiges an Zeit vergehen. Zeit, die man sinnvoll in die Entwicklung des Berufs hätte nutzen können. Es bleibt also dabei: Von Seiten der Politik wird Pflege in Häppchen bearbeitet. Die nun erreichte Heilkundeübertragung ist aber im Gesamtzusammenhang zu sehen: Das eine tun, heißt ja im Normalfall nicht, anderes sein zu lassen. Hier ist der Gegenbeweis. Zumindest bis auf Weiteres. 

Autor

 Arne Evers

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