Die Gesellschafterversammlung der gematik hat sich für die Modernisierung der technischen Infrastruktur für das Gesundheitswesen, der Telematikinfrastruktur (TI), ausgesprochen. Unter anderem soll der Konnektor entfallen. Die Umsetzung wird voraussichtlich bis 2025 dauern.
Ziel des Vorhabens "ZI 2.0" sei die Vereinfachung bei gleichzeitig höherem Nutzen und einem modernem Sicherheitskonzept. Dazu zählt auch die Verringerung der Komplexität und eine Erhöhung der betrieblichen Stabilität. Gleichzeitig werde mit der Einführung eines neuen übergreifenden Standards für die Systemschnittstellen die Erschließung neuer Nutzenpotenziale befördert, teilt die gematik mit. Die Sicherheitsarchitektur soll auf den Prinzipien des sogenannten "Zero Trust"-Ansatzes beruhen und wird die gesamte Bandbreite der Möglichkeiten einer Ende-zu-Ende-Absicherung nutzen.
Die Modernisierung der TI orientiert sich dabei an den von der gematik sechs konzipierten Säulen:
1. Elektronische Identitäten
Anwender müssen sich authentisieren, um die TI-Dienste nutzen zu können. Bisher geht das nur über die ausgegebenen Smartcards (eGK, eHBA und SMC-B). In der TI 2.0 sollen diese nicht mehr ausschließlich Authentisierungsmittel sein, da elektronische Identitäten (eIDs) eingeführt werden. Die von der gematik zugelassenen Identitätsprovider übernehmen die Authentifizierung der Nutzer, die sich wiederum nur einmal am Identitätsprovider anmelden müssen und in der Folge alle Anwendungen nutzen können (Single-Sign-On).
2. Internetzugang und mobile Nutzung
Alle Dienste der TI 2.0 sollen zeit- und ortsunabhängig online verfügbar sein - mittels eigener Endgeräte und ohne Umweg über den Konnektor. Das heißt, dass Versicherte, die die ePA und das E-Rezept nutzen, direkt auf die Dienste zugreifen können. Auch Leistungserbringer wie Ärzte und Apotheker brauchen für diesen Zugriff keinen Konnektor mehr.
3. Verteilte Dienste
Aufgrund der universellen Erreichbarkeit der Dienste ermöglicht die TI 2.0 Anwendungen, die auf der Kombination von Diensten aufgebaut sind: sogenannte verteilte Dienste. Die benötigten Daten und Abläufe aus den verschiedenen Diensten können dabei sowohl durch den Client (die App) der Nutzer, als auch durch das direkte Zusammenspiel der Dienste zusammengeführt werden. Standardisierte Schnittstellentechnologien und ein übergreifender Standard für die Formate von Daten garantieren die übergreifenden Informationsflüsse. Dadurch können Patienten beispielsweise Daten aus dem Schmerztagebuch (DiGA) für die Aktualisierung der elektronischen Patientenkurzakte freigeben.
4. Strukturierte Daten und Standards
Für die Datenstrukturen und Schnittstellen der TI 2.0 wird FHIR (Fast Healthcare Interoperability Resources) als übergreifender Standard etabliert. FHIR hat sich aus der klinischen Praxis entwickelt, wird international genutzt und ist darauf ausgerichtet, den interoperablen Datenaustausch für alle denkbaren Arten medizinischer Dokumentation zu unterstützen. Das E-Rezept basiert beispielsweise auf FHIR.
5. Moderne Sicherheitsarchitektur
Bisher war das geschlossene Netz ein wesentliches Element der TI-Sicherheitsarchitektur. Durch einen neuen Sicherheitsansatz gibt es in der TI 2.0 kein zentrales Netz mit physischen Zugangspunkten und Konnektor mehr. Die Sicherheit wird über das Prinzip des "Zero Trust Networking" gewährleistet: Jede Verbindung ist Ende-zu-Ende abgesichert und beide Seiten jeder Verbindung müssen sich gegenseitig authentisieren. Hinzu kommen die Registrierung und Attestierung der genutzten Geräte sowie Systeme zur Missbrauchserkennung bei den Diensten der TI.
6. Gemeinsames TI-Regelwerk
In der TI 2.0 werden Mindeststandards aus rechtlichen, organisatorischen und technischen Regeln etabliert. Das Regelwerk bildet den Kern der Sicherheitsarchitektur und wird von den sektorverantwortlichen Stellen (Kassenärztliche Bundesvereinigung, DKG) gemeinsam mit der gematik erarbeitet.
Das Ziel der gematik besteht darin, die Digitalisierung des Gesundheitswesens durch eine Telematikinfrastruktur sicherzustellen. Gesellschafter der gematik sind mit 51 Prozent das Bundesministerium für Gesundheit und der GKV-Spitzenverband mit 22,05 Prozent. Die weiteren Gesellschaftsanteile verteilen sich auf die Bundesärztekammer (BÄK), die Bundeszahnärztekammer (BZÄK), den Deutschen Apothekerverband (DAV), die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und den Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV).