Klinikatlas

Gut gemeint heißt nicht gut gemacht

  • Orientierungswerte
Gut gemeint heißt nicht gut gemacht
Jochen Werner © privat

„Alles bleibt so wie es ist, aber jeder bekommt mehr Geld“ – so beschrieb Karl Lauterbach erst vor kurzem wieder „die deutsche Lösung“, die seiner Meinung nach so nicht mehr praktiziert werden könne. Ich bin längst nicht immer mit allem einverstanden, was unser Bundesgesundheitsminister sagt und tut. Aber in diesem Punkt gebe ich ihm uneingeschränkt Recht. So kann die deutsche Gesundheitspolitik nicht mehr funktionieren und so werden wir unser Gesundheitssystem garantiert nicht fit machen für die Zukunft.

Ja, unsere Krankenhäuser sind im Status quo chronisch unterfinanziert. Dennoch haben wir eines der teuersten Gesundheitssysteme, verlieren bei der durchschnittlichen Lebenserwartung und verzeichnen prinzipiell eine Dysbalance zwischen Mitteleinsatz und Leistung.

Glaubwürdigkeit der Krankenhausreform beschädigt

Mehr Geld allein scheint also nicht die Lösung zu sein. Das kurzsichtige Stopfen von Finanzlöchern ohne begleitende Strukturreform wird kein einziges unserer Probleme lösen – weder das ungeplante Kliniksterben noch die fehlende Digitalisierung und Vernetzung, geschweige denn den Personalnotstand.

Am Ende geht es darum, dass der richtige Patient im für sein Krankheitsbild richtigen Bett landet, sofern er oder sie überhaupt ein Klinikbett benötigt und nicht ebenso gut – vielleicht sogar noch besser – ambulant versorgt werden kann. Und dazu braucht es eines ganz dringend: mehr Transparenz. Das hat Bundesgesundheitsminister Lauterbach völlig richtig erkannt. Aber gut gedacht ist nicht automatisch auch gut gemacht – wie aktuell der Start des Online-Klinikatlas leider zeigt.

Mit einem fehlerfreien System von Beginn an war nicht zu rechnen, dafür ist die Datenlage einfach zu komplex. Aber ein derart fehlerbehafteter Start beschädigt nachhaltig die Glaubwürdigkeit auch der gesamten Krankenhausreform und ist natürlich ein gefundenes Fressen für alle Berufskritiker. Wer Qualität von den Kliniken einfordert, der muss selbst erst einmal Qualität liefern. Genau dies ist nicht geschehen und macht die ganze Angelegenheit umso ärgerlicher und unverständlicher.  

Transparenzlücke schnell schließen 

Stattdessen ist Karl Lauterbach einmal mehr „mit dem Kopf durch die Wand“ gegangen. Keine Frage, das muss er ein Stück weit auch, um in einem von Partikularinteressen dominierten System nach jahrzehntelanger Stagnation etwas zu bewegen. Ein gewisser „Transformationsschmerz“ ist unausweichlich. Aber er wäre besser beraten gewesen, es sozusagen mit weniger Anlauf zu tun und der vorhersehbaren Kritik mit offener Kommunikation vorzubeugen. So wie er eben auch besser beraten gewesen wäre, bei der Krankenhausreform die Länder frühzeitig mit ins Boot zu holen. Denn auch wenn es zweifelsohne eines bundesweiten Konzepts bedarf, kann dieses nicht einfach vom Bund verfügt werden, schließlich müssen die Konsequenzen am Ende von Ländern und Kommunen getragen werden.  

Jetzt stellt sich die Frage, wie schnell und tiefgreifend die offensichtlich gewordenen Defizite beim Klinikatlas behoben werden können. Wenn dies schnell gelingt – und das hoffe ich sehr – dann hat der Klinikatlas weiterhin das Potenzial, die für Patienten bislang bestehende Transparenzlücke zu füllen und damit einen wichtigen Beitrag zu einem Gesundheitssystem mit mündigen Patienten zu leisten. Auch die Grundfinanzierung über Vorhaltepauschalen gibt uns diese Chance. Daneben müssen weiterhin die Digitalisierung und Vernetzung sowie der Einsatz von Künstlicher Intelligenz vorangetrieben werden, um angesichts des demografischen Wandels und Personalnotstands für die zwingend erforderliche Effizienzsteigerung im Klinikalltag zu sorgen.

Autor

Prof. Dr. Jochen A. Werner

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Mit unserem täglichen Newsletter informieren wir bereits rund 10.000 Empfänger über alle wichtigen Meldungen aus den Krankenhäusern und der Gesundheitsbranche

Kontakt zum Kundenservice

Rufen Sie an: 0 56 61 / 73 44-0
Mo - Fr 08:00 bis 17:00 Uhr

Senden Sie uns eine E-Mail:
info@bibliomedmanager.de

Häufige Fragen und Antworten finden Sie im Hilfe-Bereich