Hybrid-DRG

Michael Weber: „Mehr als eine Million Fälle sind unrealistisch“

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Michael Weber: „Mehr als eine Million Fälle sind unrealistisch“
Michael A. Weber ist Präsident des Verbands leitender Krankenhausärztinnen und -ärzte (VLK) und sitzt für die DKG im erweiterten Bewertungsausschuss. Das Gremium der Selbstverwaltung handelt die vom Gesetzgeber vorgegebenen Hybrid-DRG im Detail aus. © VLK

Die Einführung der Hybrid-DRG soll die Ambulantisierung vorantreiben. Doch das Finanzierungsinstrument hat viele Schwachstellen und bereitet der ganze Branche Kopfzerbrechen. Ein Gespräch mit Michael A. Weber über die Baustellen der Hybrid-DRG.

Herr Weber, der erweiterte ergänzte Bewertungsausschuss unter Vorsitz von Jürgen Wasem hat einen Beschluss für die Ausweitung der Hybrid-DRG gefasst. Wie bewerten Sie das Ergebnis?

Wir sehen den Beschluss äußerst kritisch. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband hatten sich im Vorfeld auf einen Katalog von 100 zusätzlichen OPS-Ziffern eines breiten Spektrums verständigt sowie auf Fälle mit bis zu zwei Belegungstagen. Im Vordergrund stand dabei, auch in der Diskussion mit dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK), ob damit eine Million Fälle erreichbar seien, so wie es das KHVVG für 2026 vorschreibt. Aspekte ob und wann das medizinisch sinnvoll ist, wurden leider ausgeklammert.

Was bedeutet das für die Krankenhäuser?

Vor allem in den stark betroffenen Fächern, in Zukunft „Leistungsgruppen“, werden große Teile des Leistungsspektrums vom Grouper als Hybrid-DRG ausgewiesen. Ob dabei die Leistungserbringung tatsächlich ambulant erbringbar war oder nicht, spielt keine Rolle. Das läuft auf Dauer darauf hinaus, dass viele Fälle noch stationär mit entsprechenden Kosten erbracht werden, aber nur noch ambulant bezahlt werden. Ob die durch das Krankenhaus erbrachten Hybrid-Fälle zukünftig weiter in die Kalkulation der Mindestmengen beziehungsweise Mindestvorhaltezahlen eingehen, ist offen, ebenso wie eine Anrechnung für ein Vorhaltebudget.

2026 sollen eine Million stationäre Fälle zu Hybrid-DRG-Fällen werden, ab 2028 mindestens 1,5 Millionen Fälle und ab 2030 mindestens zwei Millionen Fälle  – sind diese Zahlen illusorisch?

Ursprünglich hat sich die mehr oder weniger spontan von Ex-Gesundheitsminister Karl Lauterbach im letzten Moment in das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) hereingedrückte Vorschrift an der Zahl sogenannter Eintagesfälle im DRG-System orientiert. Spätere Analysen des InEK haben nach Aussage von Institutsleiter Frank Heimig aber gezeigt, dass viele dieser Fälle in keiner Weise als Hybrid-DRG in Frage kommen. Das betrifft insbesondere die konservativ behandelten Kurzlieger. Nach unserer Einschätzung werden wir 2024 bereits rund 400.000 Fälle erreichen. Das ist für ein inkomplettes Startjahr viel, finde ich. Das wird auf gut eine Million Fälle pro Jahr sinnvoll steigerbar sein, mehr aber wohl nicht. 

Das InEK und der Bewertungsausschuss sollen ein Kalkulationsmodell erstellen – und eine Preisliste. Im März soll die Hybrid-Finanzierung dann scharf geschaltet werden. Was sind ihre Wünsche an das InEK bezüglich der Kalkulation?

InEK und der Bewertungsausschuss (InBA) werden sicher den Ambulantisierungsgrad als  „Korrekturfaktor“ der a-DRG einsetzen. Der ist aber nicht einfach und robust zu ermitteln. Vor allem in der Frage, ob die bisher ambulant erbrachten Fälle in ihrer Fallschwere mit den bisher stationär behandelten vergleichbar sind. Auch fehlen solide Daten über Kosten aus dem ambulanten Bereich. Eine besondere Herausforderung besteht in der Abbildung von hohen Sachkosten. Dies wird ohne Zusatzengelte nicht gehen, die aber einen Mittelwert der Kosten abbilden, die besonders hohen Sachkosten in bestimmten Fällen nicht gerecht werden.

Da die Kalkulationsbasis der Hybrid-DRGs auf Kurzliegerfällen basiert und relevante EBM-Komponenten fehlen, wird die Vergütungen teilweise unter EBM-Niveau liegen. Ist das nicht ein Rückschritt für Kliniken?

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Hybrid-DRG sind Eingriffe und Operationen, die bislang vor allem stationär durchgeführt worden sind. Seit Januar 2024 gibt es für bestimmte Prozeduren eine sektorengleiche Vergütung namens Hybrid-DRG. Diese Fallpauschalen werden unabhängig davon finanziert, ob der Eingriff ambulant oder stationär gemacht wurde.

Das Bundesgesundheitsministerium hatte Ende 2023 per Ersatzvornahme einen Startkatalog mit zwölf Hybrid-DRG für 2024 festgelegt, weil sich die AOP-Vertragspartner (Ambulantes Operieren) GKV-Spitzenverband, Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) nicht auf Fälle einigen. Nun drückt das Ministerium weiter aufs Tempo.

Für 2025 wurde der Katalog auf 22 Hybrid-DRG ausgeweitet. Im Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) ist vorgesehen, dass ab 2026 jährlich mindestens eine Million vollstationäre Fälle durch Hybrid-DRG zu leisten sind.

Autor

 Jens Mau

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