Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat die Verordnung zu Pflegepersonaluntergrenzen (PPUG) für die Bereiche Intensivmedizin und Geriatrie zum 1. August 2020 wieder in Kraft gesetzt. Wie das Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf BibliomedManager-Anfrage mitteilt, solle "mit der Änderung eine personelle Unterbesetzung in der Pflege und eine Gefährdung der in diesen beiden Bereichen zu behandelnden besonders vulnerablen Patientinnen und Patienten vermieden werden". Ob und wie lange die Verordnung in anderen Klinikbereichen ausgesetzt bleiben soll, darüber machte das BMG zunächst keine Angaben.
Die Pflegepersonaluntergrenzen wurden wegen der Ausbreitung des Coronavirus Anfang März vorübergehend ausgesetzt. Die Krankenhäuser müssten bei der Personalplanung flexibel auf die Ausbreitung des Coronavirus reagieren können, deshalb entlaste man sie in dieser Lage bis auf Weiteres von Dokumentationsaufwand und Auflagen in der Pflege, hieß es damals.
„Die von Minister Spahn vorgesehene Wiederinkraftsetzung der Pflegepersonalbesetzungsvorgaben auf Intensivstationen ist ein falsches Signal zum falschen Zeitpunkt“, kritisiert DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum. Es werde der Eindruck erweckt, die Pandemie sei überwunden. "Tatsache ist aber, dass jederzeit Intensivstationen mit Covid-Patienten in Cluster-Regionen so in Anspruch genommen werden könnten, dass die starren bundesweiten Vorgaben in den Kliniken vor Ort nicht eingehalten werden könnten", so Baum. Die infizierten Intensivpatienten müssten dann in andere Kliniken verlegt werden. Niemand wisse, wie sich in den nächsten Wochen nach der Urlaubsperiode die Infektionslage entwickeln wird. Richtigerweise sei die Pandemiegesetzgebung für den Krankenhausbereich auf Ende September beziehungsweise bis Ende des Jahres ausgerichtet.
Pflegepersonalbemessungsinstrument
Seit Monaten liege dem Ministerium außerdem das Konzept von Verdi, dem Deutschem Pflegerat und der DKG vor, das mit einem Pflegepersonalbedarfsbemessungsinstrument eine bessere Personalausstattung in den Kliniken sichern und unbürokratisch erzielen will, erinnert die DKG. Es sei an der Zeit, die nicht sachgemäßen Untergrenzen abzulösen und mit einem Bedarfsbemessungsinstrument eine zukunftsfähige Lösung zu implementieren, forderte Georg Baum „Mit der PPR 2.0 haben wir ein unbürokratisches Personalbedarfsbemessungsinstrument vorgelegt, das eine bedarfsgerechte pflegerische Versorgung der Patienten im Krankenhaus abbildet und ein weitaus bedarfsgerechteres Verfahren zur Sicherung der Pflegequalität darstellt."
Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstand beim GKV-Spitzenverband, erklärt zum geplanten Inkrafttreten der Pflegepersonaluntergrenzen: „Die Pläne des Bundesgesundheitsministeriums, die Pflegepersonaluntergrenzen zu reaktivieren, sind richtig und sogar überfällig. Denn diese Vorgaben garantieren, dass es eine pflegerische Mindestversorgung direkt am Krankenhausbett gibt und das rund um die Uhr - so sieht aktiver Patientenschutz aus." Hinzu komme: Die Untergrenzen helfen insbesondere auch den Pflegekräften in Krankenhäusern, in denen es regelhaft zur personellen Engpässen kommt. Deshalb fordert Stoff-Ahnis das Wiederaufleben der Pflegepersonaluntergrenzen von allen acht derzeit definierten Bereichen eines Krankenhauses. "Das Aussetzen der Pflegepersonaluntergrenzen haben wir nie verstanden. Auch und gerade in der Pandemie brauchte es den Schutz für Patientinnen und Patienten, die Hilfe für das Personal und den Nachweis über die Versorgungssituation.“