Orientierungswert

Krankenhausfinanzierung braucht echten Neustart

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Bernadette Rümmelin
Bernadette Rümmelin © Regina Sablotny

Die Krankenhausreform gefährdet in ihrer aktuellen Form die Versorgungssicherheit, besonders in ländlichen Regionen, kritisiert Bernadette Rümmelin, Geschäftsführerin des Katholischen Krankenhausverbands Deutschland. Es brauche mehr als kosmetische Korrekturen. Eine praxistaugliche Finanzierung, die den tatsächlichen Bedarf abbildet, sei dringend notwendig, fordert sie.

Die im vergangenen Jahr vom Bund beschlossene Krankenhausreform ist in ihrer aktuellen Form in weiten Teilen nicht praxistauglich. Die neue Bundesregierung hat diesen Mangel erkannt und Korrekturen angekündigt. Damit die Reform wirksam wird, muss sie die realen Bedingungen vor Ort und die unterschiedlichen regionalen Versorgungsbedarfe berücksichtigen sowie bestehende Strukturprobleme im ambulanten und stationären Bereich lösen. Nur so lassen sich Versorgungslücken vermeiden. 

Vorhaltefinanzierung ohne Planungssicherheit: Gefahr für Klinikstandorte

Die ersten Signale der neuen Bundesgesundheitsministerin Nina Warken sind positiv, etwa die Zusage eines Inflationsausgleich für 2022 und 2023 und die Bereitschaft, das KHVVG gemeinsam mit den Praktikern zu überarbeiten. Dabei sollte sie mutig neue Wege gehen, insbesondere bei der Vorhaltefinanzierung, und nicht wie ihr Vorgänger Gesetze ohne Folgenabschätzung durchsetzen. Fehlentwicklungen, die so entstehen, lassen sich nur schwer korrigieren.
 
Die mit dem KHVVG eingeführte Vorhaltefinanzierung ist mit Risiken behaftet. Sie ist an Leistungsgruppen und Qualitätskriterien gekoppelt sowie an Mindestvorhaltezahlen, die noch nicht vorliegen und erst noch entwickelt werden sollen. Selbst im Vorreiter-Bundesland NRW existieren keine etablierten Mindestvorhaltezahlen, an denen man sich orientieren könnte. Es handelt sich um gegriffene Schwellenwerte, die in ihren Auswirkungen auf die Versorgungslandschaft nicht abschätzbar sind.
 
Übliche Schwankungen bei den Fallzahlen, die von den Krankenhäusern nicht beeinflussbar sind, können dazu führen, dass Standorte trotz grundsätzlich ausreichender Leistungsfähigkeit regelmäßig die Mindestvorhaltezahlen verfehlen, und damit wiederholt ihre Finanzierung verlieren. Die Folge ist eine massive Umstrukturierung der Krankenhauslandschaft: Viele kleine und mittlere Klinikstandorte werden gezwungen, Leistungsangebote einzustellen oder ganz zu schließen, da die Mindestvorhaltezahlen nicht erreicht werden können und die Vorhaltefinanzierung entfällt. 

KHVVG überarbeiten: Für eine zukunftsfeste und bedarfsgerechte Krankenhausstruktur

Die Planungssicherheit für Krankenhäuser wird dadurch völlig unwägbar, da die Finanzierung nicht mehr langfristig kalkulierbar ist. Gerade für die Regelversorgung in ländlichen Regionen droht dadurch eine erhebliche Verschlechterung der Versorgungskapazitäten. 
 
Deshalb sollten zuerst die Auswirkungen der Leistungsgruppenplanungen der Länder analysiert und die tatsächlich benötigten Klinikstandorte und Versorgungsbedarfe ermittelt werden. Darauf aufbauend muss ein Finanzierungsmechanismus entwickelt werden, der bedarfsnotwendige Krankenhäuser angemessen unterstützt und eine wirtschaftliche Betriebsführung ermöglicht. Erst wenn klar ist, welche Einrichtungen für die regionale Versorgung aus der Länderperspektive notwendig sind, kann ein zuverlässiges Vergütungskonzept greifen. Das muss dann die fallzahlunabhängige Sicherstellung der Vorhaltestrukturen in der Daseinsvorsorge gewährleisten. Deshalb muss das aktuelle Finanzierungskonzept des KHVVG gestoppt und grundlegend überarbeitet werden.  
 
Die Bundesregierung ist aufgerufen, die Reform mit Weitsicht und Verantwortungsbewusstsein zu korrigieren. Es braucht keine kosmetischen Nachbesserungen, sondern eine praxistaugliche, zukunftsfeste Krankenhausfinanzierung, die den tatsächlichen Versorgungsbedarf abbildet und die Versorgung der Bevölkerung nachhaltig sichert.

Autor

 Bernadette Rümmelin

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