Orientierungswert

"Bitte die sektorenübergreifende Versorgung nicht vergessen!"

  • Krankenhausreform
Christoph Radbruch
Christoph Radbruch © DEKV/Tobias Koch

Die neue Gesundheitsministerin will die Krankenhausreform entschlossen vorantreiben. Doch ein zentrales Element droht übersehen zu werden, warnt Christoph Radbruch: die sektorenübergreifende Versorgung. Sie könnte die Lücke zwischen ambulanter und stationärer Behandlung schließen – wenn sie richtig umgesetzt wird.

Die neue Bundesgesundheitsministerin will es besser machen. Statt die Krankenhausreform zu verwässern, kündigt sie für den Sommer ein Gesetz an, das die Systematik der Leistungsgruppen überarbeitet, Qualitätsvorgaben anpasst und den Ländern mehr Zeit zur Umsetzung einräumt. Das ist ein wichtiges Signal. Doch ein zentrales Reformelement droht im Schatten der Debatte zu verblassen: die sektorenübergreifende Versorgung (SÜV).

Gerade sie soll die Lücke zwischen ambulanter und stationärer Versorgung schließen und die wohnortnahe Versorgung zukunftsfest machen. Doch das, was bisher im Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) zur SÜV vorgesehen ist, bleibt vage, unvollständig und findet weder Akzeptanz bei den Beteiligten noch Anschluss an die Realität vor Ort. Es fehlt nicht an der grundsätzlichen Idee, sondern an der praktischen Umsetzbarkeit.

Dabei braucht es keine Revolution, sondern kluge, kurzfristig umsetzbare Nachjustierungen. Vier pragmatische Stellschrauben könnten aus einer guten Idee ein tragfähiges Modell machen:

  1. Regionale Bedarfe statt pauschaler Strukturen
    SÜV-Einrichtungen dürfen nicht nur für den ländlichen Raum vorgesehen werden. Auch in städtischen Gebieten existieren Versorgungslücken an der Schnittstelle zwischen ambulanter und stationärer Versorgung. Der Schlüssel liegt in einer sektorenübergreifenden Planung, die sich konsequent am regionalen Versorgungsbedarf orientiert. Die Landesbehörden sollten diese Einrichtungen planen – unter Einbeziehung von Vertreter:innen aller relevanten Sektoren.
  2. Leistungsumfang realitätsnah gestalten
    Die derzeit vorgesehene Festlegung zwingend vorzuhaltender Leistungen läuft an den tatsächlichen Bedarfen vorbei. Zielführender wäre es, ambulante Versorgung mit Übernachtungsmöglichkeit in den Mittelpunkt zu stellen – ergänzt um hausärztliche und fachärztliche Ermächtigungen.
  3. Vergütungslogik vereinfachen
    Unterschiedliche Finanzierungslogiken für stationäre, pflegerische und ambulante Leistungen erschweren die betriebliche Praxis. Ein einheitlicher Tagessatz für pflegerische Leistungen, eine EBM-basierte Vergütung ärztlicher Leistungen und perspektivisch eine Vereinfachung der ambulanten Vergütungssystematik wären ein echter Fortschritt.
  4. Transformationskosten gezielt unterstützen
    Der Umbau hin zu sektorenübergreifenden Versorgungszentren ist kein Nullsummenspiel. Investitionen in Infrastruktur, IT und Personal müssen aus dem Transformationsfonds finanziert werden, um flächendeckend wirksam zu werden.

Ein reformiertes SÜV-Modell kann Krankenhausfälle vermeiden, Liegezeiten verkürzen und die Produktivität der stationären Versorgung steigern. Es leistet einen substanziellen Beitrag zur Ambulantisierung – wenn es denn richtig gemacht wird. Jetzt ist der Moment, um die richtigen Weichen zu stellen. Ohne einen funktionierenden SÜV bleibt die Krankenhausreform Stückwerk – mit ihm kann sie das System dauerhaft entlasten und zugleich die Versorgung für Patient:innen spürbar verbessern.

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