NRW-Planungsreform

Laumann: "Die anspruchsvollste Geschichte, die ich je gemacht habe"

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Laumann: "Die anspruchsvollste Geschichte, die ich je gemacht habe"
© MAGS NRW

Das Bundesland NRW führt die erste Krankenhausplanung in Deutschland ein, die nicht mehr auf Betten basiert. Dementsprechend staatstragend kommentierte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann den Akt: „Ich bin sicher das hier Geschichte für ganz Deutschland geschrieben wird und das in Zukunft kein Bundesland mehr Krankenhausplanung auf Basis von Betten machen wird.“

Sechs Jahre hat der Reformprozess gedauert – ausgehend von einem Gutachten zur Krankenhauslandschaft 2019. Ohne Corona wäre die Reform schon ein Jahr früher gekommen, sagte Laumann. „Wir haben die Leistungszahlen aus dem Gutachten 2019 auf die Krankenhäuser verteilt. Das war für uns eine Mammutaufgabe, denn es waren über 6.000 Einzelentscheidungen zu treffen.“ Ein Teil der Leistungsverschiebungen werde im April amtlich, andere Bereiche bekommen eine Übergangsfrist bis Jahresende, so der Minister. 

Große Änderungen bei der Krebsbehandlung

Laumann präsentierte auch einige Ergebnisse der Reform. Für das Einsetzen einer Hüfte hatten sich 236 Krankenhäuser beworben, nur 137 bekamen diese Leistungsgruppe zugewiesen. Bei Knieprothesen waren es 214 Anträge und 136 Zuweisungen. Noch deutlicher war der Schnitt bei Revisionseingriffen. Für die Hüfte wurden von 201 Anträgen nur 79 genehmigt (39 Prozent), und fürs Knie gab es bei 191 Anträgen nur 75 Zuweisungen (39 Prozent). Allerdings sagen die Anträge nur bedingt etwas über den Status quo aus, da auch Kliniken Anträge stellen konnten, die diese Leistungsgruppe bisher nicht im Portfolio hatten. Besonders deutlich ist die Konzentration in der Onkologie. Für die Leistungsgruppe Leberkrebs gab es 113 Anträge und nur 29 Zuweisungen (minus von 74 Prozent), beim Speiseröhrenkrebs waren es 71 Anträge und 26 Zuweisungen (minus 63 Prozent). Die notfallrelevante Leistungsgruppe Interventionelle Kardiologie verzeichnet ein leichtes Minus von 15 Prozent. 

 

90-Prozent-Ziel fast überall erreicht

„Unser Ziel war es, dass 90 Prozent der Bevölkerung ein Krankenhaus der Regelversorgung in 20 Minuten erreichen können. Das haben wir geschafft“, so Laumann. Auch in ländlichen Regionen sei dieses 90-Prozent-Ziel fast überall erreicht. Für planbare Eingriffe werden die Fahrtzeiten für Patienten im Einzelfall länger. Für Krebspatienten sei es allerdings sehr viel besser, wenn sie den Eingriff in einer spezialisierten Klinik machen. Schließungen und Zusammenlegungen von Krankenhäusern werde es nur vereinzelt und wenn, dann überwiegend in Städten geben. Das Ministerium habe bei den Zuweisungen darauf geschaut, „dass jedes Krankenhaus eine Perspektive haben muss“ (Laumann). Gerade größere Krankenhausträger würden nun darüber nachdenken, Leistungsgruppen von Standorten an andere zu verlegen. „Das haben wir ausdrücklich erlaubt“, unterstrich der Minister. Insgesamt sei die Planungsreform in NRW „die anspruchsvollste Geschichte, die ich je gemacht habe“. 

160 Veränderungen auf der Zielgeraden

Der Minister unterstrich noch einmal, dass die Transparenz seines Hauses und die Beteiligung aller Stakeholder entscheidend für den Erfolg der Reform waren. Die Einwände der Kliniken, Bürgermeister und Landräte hätten am Ende noch einmal zu 160 Veränderungen geführt. Sascha Klein, Vizepräsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW), bestätigte, dass der Bottom-up-Ansatz des Ministeriums gefruchtet habe und im krassen Gegensatz zum „von unten wegrasierenden Algorithmus aus Berlin“ stehe. Für viele Krankenhäuser bedeute die Reform, dass sie Abteilungen oder Standorte schließen müssen. Dadurch entstünden neue Herausforderungen – in erster Linie betreffe das die Angestellten. „Wir hoffen, dass die meisten Fachkräfte gehalten werden können. In einigen Fällen werden Krankenhäusern aber auch betriebsbedingte Kündigungen aussprechen“, so Klein. Die Reform gebe den Kliniken aber auch die Möglichkeit, ihr Profil zu schärfen. „Das erfordert auch Investitionen“, unterstrich Klein. Die NRW-Regierung hat 2,5 Milliarden Euro für den Wandel zur Verfügung stellt. 

VDEK sagt „Danke“ an die Krankenhäuser

Dirk Ruiss, Leiter des Krankenkassenverbands VDEK in NRW, nannte die Reform „historisch“. Sie zeige außerdem, „dass solch eine Debatte nicht zu politischen Fliehkräften führen muss“. Ruiss bedankte sich insbesondere bei den Krankenhausträgern und ihren Mitarbeitern. Denn die Reform fordere nun einiges von Krankenhäusern ab. Insgesamt habe sich diese Reform in den zurückliegenden Jahren als lernendes System erwiesen und das werde auch in den kommenden Jahren so sein. 

Ähnlich sieht das auch Hans-Albert Gehle, Präsident der Ärztekammer Nordrhein, insbesondere in Bezug auf die ärztliche Weiterbildung. Ein Großteil der Reform sei nicht störend für die Weiterbildung, doch bei speziellen Fächern brauch es standortübergreifende Konzepte. „Hier brauchen wir auch die Unterstützung des Gesetzgebers.“ Insgesamt sei die Weiterbildung aber gut bedacht in der Reform – anders als bei der Finanzierungsreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. 

Sandra Postel, Präsidentin der Pflegekammer NRW, zeigte sich dankbar, dass die noch junge Pflegekammer in den Reformprozess eingebunden war. „Die Versorgung hängt sehr stark von den Pflegefachpersonen ab. Es geht um einen geordneten Ressourceneinsatz und deshalb ist diese Reform so wichtig.“ Die Einbindung der Pflege in solche eine weitreichende Reform sei bis dato im politischen Prozess einzigartig. 

Kliniken können jetzt klagen

Die Reform wird allerdings nicht nur für glückliche Gesichter sorgen. Jetzt, wo die Kliniken rechtsmittelfähige Bescheide in den Händen halten, können sie gegen die Zuteilung Klagen. Damit rechnet Karl-Josef Laumann auch, zeigt sich aber gelassen. 


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Autor

 Jens Mau

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