Qualitätszahlen, die zwei oder mehr Jahre alt sind, verlieren nicht an Relevanz und sind somit aussagekräftig in einem Krankenhaustransparenzregister. Mit dieser Botschaft präsentierte Reinhard Busse von der Technischen Universität Berlin eine Studie zu diesem Thema. Ein Masterstudent hatte dafür die Qualitätsdaten für sieben Indikationen betrachtet, darunter Herzinfarkt, Schlaganfall, Hüftersatz und Dekubitus. Die Ergebnisse der Studie sind hier online abrufbar. Sie sollen vor allem die Zweifel ausräumen, dass Daten aus dem geplanten Transparenzatlas irreführend sein könnten. Das umstrittene Transparenzregister soll unter anderem Mortalitäts- und Komplikationsraten jeder Klinik abbilden. Busse betonte bei der Vorstellung der Studie, dass die Mortalitätsrate in „guten“ Krankenhäusern bei Schlaganfall und Herzinfarkt signifikant niedriger sei.
Veranstaltungstipp: "Lauterbachs Transparenzgesetz | Endlich Durchblick im Qualitätsdschungel?" als Session auf dem DRG | FORUM am 22. März 2024.
Lauterbachs optimistischer Zeitplan
Viel spannender ist derzeit allerdings die Frage, ob und wann das Krankenhaustransparenzgesetz kommt – und wie es mit der Krankenhausreform weiter geht. Gesundheitsminister Karl Lauterbach verströmte auf der Pressekonferenz in Berlin trotz mehrerer nicht erreichter Deadlines und trotz massivem Widerstand der Bundesländer Zuversicht. Das Transparenzgesetz werde wohl am 22. März beschlossen. „Die Blockade ist gelöst“, kommentierte Lauterbach, das Gesetz steht am 21. Februar auf der Tagesordnung des Vermittlungsausschusses. „Mit dem Klinikatlas können wir Anfang Mai an den Start gehen“, so der SPD-Minister. Auch was die große Krankenhausreform (Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz, KHVVG) betrifft, ist der Minister zuversichtlich. Am 24. April soll sie ins Bundeskabinett eingebracht werden und 2025 könnten die ersten Bundesländer schon die Leistungsgruppen umsetzen. „Die Krankenhausreform ist zurück in der Spur“, so die Lesart des Ministers.
Pokerspiel der Kompetenzebenen
Einen öffentlichen Entwurf für die Reform gibt es derweil noch nicht. Allerdings betonte Lauterbach, er habe ein fast fertiges Konzept in der Schublade und lobte seine Mitarbeiter, die in den vergangenen Wochen „sehr intensiv an einem Reformentwurf gearbeitet“ hätten. Er könne den Bundesländern noch vor der geplanten Einbringung des Entwurfs ins Kabinett im April zur Verfügung gestellt werden. Das klingt angesichts des Hickhacks der vergangenen Wochen etwas einfach. Die Länder sträuben sich gegen das Krankenhaustransparenzgesetz, das Lauterbach selbst mit der Finanzierungsreform verbunden hatte – ganz nach dem Motto: Ohne Transparenzgesetz gibt es keine Finanzierungsreform. Nun klingt es eher nach zwei Alleingängen, also zwei Bundesgesetzen ohne Beteiligung der Länder.
Auf die Frage, ob er den Ländern beim Transparenzgesetz entgegengekommen sei, antwortete Lauterbach ausweichend. Generell sind die Botschaften des Ministers zweideutig. Einerseits betont Lauterbach, er sei im „im ständigen Austausch mit den Ländern“. Andererseits lassen offene Briefe und öffentliche Reaktionen darauf schließen, dass nicht gerade konstruktiv verhandelt wird. Heute in Berlin erhöhte Lauterbach noch einmal den Druck. „Wenn die Reform nicht kommt, wäre das ein Skandal“, warnte Lauterbach.
DRG | FORUM am 21. und 22. März 2024
Wie schon häufiger, wenn es in der Reformdiskussion knallte, betonte Lauterbach, dass er die Reform in Teilen auch ohne die Länder umsetzen könne. Die Finanzierung lasse sich mit einem nicht zustimmungspflichtigen Bundesgesetz reformieren, unterstrich Lauterbach. Dafür würde man zu Beginn die Leistungsgruppen aus Nordrhein-Westfalen einführen. Die Weiterentwicklung der Leistungsgruppen und detaillierte Qualitätsvorgaben könnte man in Rechtsverordnungen auslagern, die dann zustimmungspflichtig wären. Unklar bleibt, wie er (oder ein anderer Gesundheitsminister dann) die Zustimmung zu den Verordnungen in solch einem Klima der Konfrontation gewinnen will.
Halleck: Strukturen für gute Behandlung schaffen
Neben Lauterbach und Reinhard Busse saßen auch Jens Scholz vom Verband der Unikliniken (VUD) sowie Michael Halleck, Vorsitzender des Sachverständigenrats Gesundheit, auf dem Podium. Halleck unterstrich, dass die Aussicht für Patienten zu überleben nachweisbar höher sei, wenn er in einer Klinik behandelt, die den Eingriff häufig mache. „Die Reform soll, so wie ich sie verstehe, Strukturen schaffen, dass nicht nur in Zentren, sondern überall der beste Behandlungsweg für einen Patienten eingeschlagen wird“, sagte Halleck. „Wenn wir an der Uniklinik Köln am Wochenende einen Patienten von der Intensivstation in ein anderes Haus verlegen wollen, ist das quasi unmöglich. Man sieht, dass hier die Strukturen fehlen. Darauf muss die Reform Antworten liefern“, sagte Halleck. Ein guter Ansatz hierfür seien die Krankenhauslevel, warf Reinhard Busse an dieser Stelle ein.
Jens Scholz betonte die aus seiner Sicht notwendige Steuerungsfunktion der Unikliniken. „Wir stehen in der Pflicht, eine koordinierende Rolle zu erfüllen“, so Scholz. Vor allem die Diagnostik von schweren Krankheiten müsse in Kliniken mit großer Fachexpertise stattfinden. Scholz betonte, dass die Zusatzleistungen der Unikliniken besser finanziert werden müssten. Der VUD-Chef ging auch auf die Krankenhauslandschaft ein. Ein Haus, das schlecht ausgestattet ist und nicht Willens oder in der Lage sei zu investieren, dürfe nicht künstlich am Leben gehalten werden. Karl Lauterbach unterstrich, dass es vor allem in westdeutschen Städten eine Überversorgung gebe, wo die Belegung teilweise deutlich unter 70 Prozent liege. „Aber wir haben auch unterversorgte Gebiete. Die Reform muss auf beides Antworten liefern."
DRG | FORUM 2024 - DER KLINIK-KONGRESS
21. und 22. März 2024, Berlin
Seit über 20 Jahren ist das DRG | FORUM der Treffpunkt für Entscheider aus der Gesundheitsbranche. Mehr als 2.000 Teilnehmer aus Krankenhäusern, Krankenkassen, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft diskutieren über die wichtigsten Themen der Klinikszene.
Highlights DRG | FORUM 2024
- Politische Eröffnung mit Gesundheitsminister Karl Lauterbach
- Spitzendebatte, u.a. mit Kerstin von der Decken, Gesundheitsministerin Schleswig Holstein und Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz 2024
- Top-Themen: Krankenhausreform, Insolvenzen, Personal, Pflege, Digitalisierung, KI und vieles mehr
- Top-Referenten aus der Regierungskommission Krankenhaus: Boris Augurzky, Christian Karragianidis, Heidemarie Haeske-Seeberg, Tom Bschor, Rajan Somasundaram und Irmtraut Gürkan
- DRG-Update mit Inek-Chef Frank Heimig
- Networking-Night mit 1.000 Teilnehmern
- Vordenker-Award 2024: Verleihung und Laudatio
Weitere Informationen