Vorstandsvorlage

Insolvenzen gestalten nun die stationäre Versorgung

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  • 27.06.2023

f&w

Ausgabe 7/2023

Seite 618

Axel Paeger

Wir haben auf Anfrage einer großen deutschen Zeitungsredaktion alle Krankenhäuser gezählt, die von Zahlungsunfähigkeit betroffen sind, also zum Beispiel auch Schutzschildverfahren oder Planinsolvenzverfahren in Eigenverwaltung und solche Fälle, in denen Kommunen das Haus durch Einsatz hoher Summen Steuergelder noch einmal aus der Insolvenz herausgeholt haben. Die ermittelte Zahl lautete 52. Anfang Juni darauf angesprochen stellte Gesundheitsminister Karl Lauterbach fest: „52 von 1.719, das ist nicht viel.“

Nur der Vollständigkeit halber: In den vergangenen Jahrzehnten lag die Zahl im einstelligen Bereich. Unter den Insolvenzfällen sind sehr viele öffentliche Krankenhäuser und darunter wiederum nicht wenige, die nach dem Entwurf der Regierungskommission auf Level II einzustufen gewesen wären und somit gemäß Lauterbach’scher Reform ein Rückgrat der stationären Versorgung hätten sein sollen. Der jüngste sehr pressewirksame Fall war das Klinikum in Rendsburg. Gerade bei den Level-II-Häusern unter den Insolvenzen sticht fast einheitlich ins Auge: Sie haben 2022 Patientenzahlen in vergleichbarer Höhe gehabt wie 2019.

Das Problem war nicht das Volumen, sondern der Preis. Während die Krankenhauserlöse im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr um die Veränderungsrate von 2,3 Prozent gestiegen sind, haben sich die Kosten in 2022 je nach Krankenhaus um rund zehn Prozent erhöht. Nur Deutschland und Großbritannien leisten sich ein System, in dem die Preisentwicklung nichts mit der Realität zu tun hat, sondern künstliche Politvorgaben die Preise für Krankenhausleistungen bestimmen. 2023 setzt sich dies fort: Erlöse steigen gemäß planwirtschaftlicher Festlegung um 4,3 Prozent, Kosten – nun auch wegen hoher Lohnsteigerungen für die Beschäftigten – in vergleichbarer Höhe wie im Vorjahr. 2022 und 2023 liegt die Schere zwischen Erlösen und Kosten kumuliert bei rund 13 Prozent.

Der Bundesgesundheitsminister glaubt, dass diese 13 Prozent nicht der Grund sein können für die Zahl an Insolvenzen. Er scheint zu übersehen, dass die Erlös-Kosten-Schere bei einem Versorgungskrankenhaus mit 100 Millionen Euro Umsatz, welches vorher eine schwarze Null erreichte, ein Defizit von 13 Millionen Euro bedeutet. Wie Jahresabschlüsse von Insolvenzhäusern deutlich zeigen, sind die 13 Prozent Erlös-Kosten-Schere der Grund für Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit. Meint Lauterbach etwa, dass alle Krankenhäuser vorher eine Gewinnmarge von 13 Prozent hatten, um jetzt noch ein ausgeglichenes Ergebnis zu erreichen? Oder wie kommt er darauf, dass diese krasse Erlös-Kosten-Differenz die Insolvenzen nicht verursacht haben kann?

Dass Krankenhäuser nicht wirtschaftlich sein müssen, um Patienten zu versorgen, ist ein Trugschluss. Denn einige Krankenhäuser, die wegen unzureichender Erlössteigerungen in Insolvenz geraten, überleben nicht, weil sich bei der politisch verursachten (und vielleicht sogar gewollten) Kostenunterdeckung auch kein neuer Träger findet, so zuletzt im sächsischen Reichenbach. Kommunalpolitisch ist umstritten, ob man die vom Bund nicht eingehaltene Verpflichtung, eine kostengerechte Vergütung sicherzustellen, durch kommunale Steuergelder ersetzen soll. In Rendsburg ist die SPD-Fraktion gleich zweimal knapp mit ihrem Antrag im Kreistag gescheitert, dem Krankenhaus eine „50-Millionen-Spritze“ zu verpassen, um es noch einmal aus der Insolvenz zu holen. Die Mehrheit des Kreistages war der Meinung, es müsse jetzt Schluss sein mit dem „Fass ohne Boden“.

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