Impuls Digitalisierung

Wie Technologien den Klinikalltag revolutionieren

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  • 27.02.2024

f&w

Ausgabe 3/2024

Seite 222

Von digitalen Helfern bis hin zu KI in Diagnose und Forschung: Stefanie Kemp, Chief Transformation Officer (CTO) der Sana Kliniken, über die Rolle der Technologie im Alltag von Patienten und Pflegekräften bis 2030.

Am Ende des Jahrzehnts werden Zehntausende, wenn nicht gar über Einhunderttausend Beschäftigte in Arztpraxen, auf Stationen und im OP fehlen. Gleichzeitig wächst der ökonomische Druck auf alle Versorger im Gesundheitswesen. Allerdings gibt es die Möglichkeit, aus weniger mehr zu machen und den massiven Vormarsch neuer technischer Möglichkeiten in Diagnose und Therapie, bei Operationen, in der Pflege und der Logistik zu nutzen. Es ist der Vorabend einer Revolution in der Versorgung von Patienten, der Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte und der Integration von Technik in die medizinische Praxis. Es wird vielfältige Innovationen geben, die die Effizienz steigern, die Patientenerfahrung verbessern und für Pflegekräfte die Arbeit erleichtern. Bei aller Alltagstristesse des Jahres 2024 mit bürokratischer Überforderung, ökonomischem Druck, Personalmangel und veralteter Infrastruktur: Es ist Zeit für einen visionären Blick auf die vielversprechenden Entwicklungen in zehn Bereichen, die das Gesundheitswesen bis 2030 und darüber hinaus prägen werden.

1. Individualisierte Patientenversorgung

Während der Pandemie ist es dank wissenschaftlicher Expertise, dank Rechenleistung und Künstlicher Intelligenz (KI) gelungen, in nie zuvor erlebter Geschwindigkeit neue Wirkstoffe zu entwickeln. Diese Technologien stehen für einen großen Trend: die personalisierte Medizin. Möglich wird das durch den Einsatz fortschrittlicher Diagnosetechnik, Genomsequenzierung und Big-Data-Analysen. Ärzte werden damit in die Lage versetzt, noch viel stärker als heute auf die individuellen Bedürfnisse eines jeden Patienten zugeschnitte Behandlungen zu entwickeln.

2. Digitale Gesundheitsplattformen

Heute liegen die Patientendaten in diversen Hängeregistern und Personal Computern von niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern. Der Patient hat keinen Überblick, geschweige denn eine Autonomie über seine Daten. Das wird sich bis zum Ende des Jahrzehnts dramatisch ändern. Digitale Gesundheitsplattformen werden einen zentralen Platz in der Patientenversorgung einnehmen. Telemedizinische Konsultationen werden zum Alltag, Patient, Arzt und Pflegekraft können gemeinsam an den Gesundheitszielen arbeiten. Dies schafft nicht nur die Patientenautonomie, es wird auch die Prävention enorm erleichtern.

3. Pflegekräfte und ihre digitalen Helfer

Die Pflege steht vor einer tiefgreifenden Transformation. Viele Tätigkeiten im adminstrativ-bürokratischen Bereich und in der Logistik können durch Sensorik, KI, assistierende Technologien und Robotik ersetzt werden. Viele repetitive Aufgaben könnten entfallen oder substituiert werden. Pflege könnte sich wieder auf den Kern der Tätigkeit, auf anspruchsvollere und menschenbezogene Aspekte der Arbeit konzentrieren, was zu einer verbesserten Patientenversorgung führt.

4. Telemedizin und virtuelle Dienste

Während der Pandemie erlebte sie einen Aufschwung, ebbt gerade wieder ab: die Telemedizin wird bis 2030 normal sein – gerade in Regionen, in denen die Versorgung nicht engmaschig ist. Dann kommt der Arzt zur virtuellen Visite ins Haus, Fernüberwachung wesentlicher Parameter ermöglicht eine hochwertige und lückenlose Versorgung. Die elektronische Patientenakte schafft eine nahtlose und effiziente Kommunikation zwischen Patienten und medizinischem Fachpersonal, sodass Gesundheitsdienste für die Patienten leichter erreichbar sind. Zugleich wird die Belastung von Kliniken, Arztpraxen und Personal reduziert.

5. Präventiv statt reaktiv

In einer Zeit, in der (Fach-)Kräfte gesucht sind, wird es umso wichtiger, in die Gesundheit des Stammpersonals zu investieren. Dazu zählen Check-ups in Firmen, vergünstigte Angebote für Fitness und vieles mehr. Auch im privaten Bereich zählt gesundes Leben zu einem der Megatrends. Dabei werden über Sensoren in Wearables mehr und mehr Gesundheitsdaten erhoben und in Apps gespeichert sowie analysiert. Sie dienen oftmals der Selbstoptimierung, stellen daneben einen wichtigen Datenpool für präventive Maßnahmen dar. Das kontinuierliche Tracking wichtiger Gesundheitsparameter ermöglicht frühzeitige Interventionen. Das Gesundheitssystem wird darauf ausgerichtet sein, Prävention zu fördern.

6. Intersektorale Zusammenarbeit

Alles, was sich ambulantisieren lässt, wird eher früher denn später ambulantisiert. Die Ökonomie und der medizinische Fortschritt werden diesen Trend befördern – und die Technologie tut es auch, wenn eine Beobachtung der Vitalparameter dank Sensorik und Telemedizin auch dann erfolgen kann, wenn der Patient zu Hause ist. Das Zusammenspiel von ambulant und stationär wird an Relevanz gewinnen. Bis 2030 werden die verschiedenen Sektoren viel stärker interagieren – einschließlich Gesundheitswesen, Forschung, Technologie und Wirtschaft. Der intersektorale Ansatz fördert zugleich eine umfassende Gesundheitsversorgung.

7. KI in Diagnose und Forschung

KI fördert nicht nur eine individualisierte Patientenversorgung, sondern wird (nahezu) alle Bereiche des Gesundheitswesens erfassen und beispielsweise die Genauigkeit von Diagnosen beschleunigen. Zudem werden Forschungsprozesse erheblich verkürzt und qualifiziert. Gleichzeitig beschleunigt sie die Forschung enorm. Viele bahnbrechende Entdeckungen in der medizinischen Forschung stehen bevor.

8. Aufstieg der Robotik

Robotik wird die Pflege transformieren, indem sie viele repetitive Aufgaben übernimmt. Roboter können auch logistische Aufgaben übernehmen, wie etwa die Bettenversorgung, die Raumpflege, Service- oder Transportaufgaben. Darüber hinaus können sie auch bei der Rehabilitation und Unterstützung von Patienten eine entscheidende Rolle spielen. Und: Bei physisch anspruchsvollen Tätigkeiten können Roboter die Pflegekräfte entlasten und gleichzeitig die soziale Interaktion mit den Patienten fördern.

9. Ethik und Datenschutz im Fokus

Die neuen technischen Möglichkeiten werfen neue ethische Fragen auf: Wie viel Einfluss hat KI bei Entscheidungen? Welchen Bias wird KI haben, wie wird dieser erkannt und wie damit umgegangen? Und wie werden die Ergebnisse viel früher einsetzender Diagnostik genutzt? Wie kann auch künftig ein allgemeiner Zugang zu medizinischen Spitzenleistungen gewährleistet werden? Daneben stellen sich neue Anforderungen an das Thema Sicherheit beim Umgang mit den sich vervielfachenden Datenmengen. Wer hat welche Rechte an den Daten, welchen Zugriff und welche Verwendungsmöglichkeiten? Was geschieht mit jenen, die ihre Gesundheitsdaten nicht preisgeben wollen? Und vor allem: Wie kann einerseits die Verfügbarkeit und gleichzeitig die Sicherheit der Daten gewährleistet werden. Bis 2030 gilt es, klare Gesetze und Richtlinien zu entwickeln. Dabei müssen die Integrität der Patientendaten geschützt und ethische Standards eingehalten werden.

10. Bildung und Schulung

Kontinuierliche Fortbildungen sind in Medizin und Pflege schon heute wichtig. Bei der Fülle an Entwicklungen kommen die bisherigen Konzepte jedoch an ihre Grenzen. Programme zur Fortbildung werden sich daher an neue Techniken anpassen müssen und kontext- und praxisbezogener sowie intuitiver werden. Dafür müssen Freiräume im Arbeitsalltag geschaffen werden. Und es sollte sichergestellt sein, dass Fachkräfte mit den neuesten Entwicklungen Schritt halten können.

Neue Ära der Gesundheitsversorgung

Bis zum Ende des Jahrzehnts sind es wenige Jahre. Das Gesundheitssystem wird sich massiv verändern. Dabei sollte stets ein Ziel im Blick sein: Der Mensch steht im Mittelpunkt – ob als Patient oder Beschäftigter. Nur dann kann es gelingen, innovative Technik zu nutzen, um Pflege und Medizin in eine neue Ära in der Gesundheitsversorgung zu transformieren. Die Zukunft wird von einer zunehmend personalisierten, präventiven und digital unterstützten Medizin und Pflege geprägt sein.

Autor

f&w führen und wirtschaften im Krankenhaus

Die Fachzeitschrift für das Management im Krankenhaus

Erscheinungsweise: monatlich

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