Fast die Hälfte der Deutschen stirbt im Krankenhaus. Eine gute Betreuung ist dabei nach wie vor kein flächendeckender Standard. Besonders dramatisch hat das die Coronapandemie gezeigt. Was eine Sterbekultur im Krankenhaus kennzeichnet und wie sie etabliert werden kann, lesen Sie in der neuen Ausgabe von f&w.
Kaum jemand möchte im Krankenhaus sterben, aber bei etwa 420.000 Deutschen im Jahr lässt es sich nicht vermeiden. Für viele Patienten ist das Krankenhaus genau der richtige Sterbeort, sie sind dort gut aufgehoben und versorgt, für andere aber nicht. "Einige Häuser haben exzellente Versorgungsstrukturen für die Betreuung Sterbender aufgebaut, aber es gibt nach wie vor Luft nach oben", sagt Prof. Wolfgang George, Autor der Gießener Sterbestudie im f&w-Interview.
Er ist einer von zahlreichen Experten, die in der neuen Ausgabe von f&w zu diesem Thema zu Wort kommen, das zwar in den Kliniken omnipräsent ist, dem aber nach wie vor zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Security am Eingang, kein Zutritt für Angehörige, kaum eine Möglichkeit zum Abschiednehmen: Die Coronapandemie hat viele Kliniken überrollt, traumatische Szenen spielten sich ab. In den vorhandenen Pandemieplänen fand sich nicht viel zum Umgang mit Sterbenden und ihren Angehörigen. Zu diesem Ergebnis kam das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt Pallpan mit dem Netzwerk Universitätsmedizin. Experten haben daraus Handlungsempfehlungen abgeleitet, die den Krankenhäusern nun vorliegen.
Ein Problem: Wirtschaftlich spielt Palliativversorgung im Kosmos Krankenhaus kaum eine Rolle. Was sie vor allem benötigt, ist spezialisiertes Personal. Doch das ist knapp und teuer. Die Definition der Palliativmedizin im DRG-System habe für Flächendeckung und Abrechenbarkeit gesorgt, sagt allerdings Johannes Wolff, Referatsleiter Krankenhausvergütung Abteilung Krankenhäuser beim GKV-Spitzenverband. Überhaupt nicht auskömmlich vergütet sei aber der Einsatz multiprofessioneller spezialisierter Palliativdienste, sagen Palliativexperten. Das sind jene Teams, die zu den sterbenskranken Patienten auf Station gehen und dort für eine ganzheitliche Betreuung sorgen. Der Stundensatz hierfür schwankt zwischen 40 und 200 Euro. "Er müsste bei 260 Euro liegen", sagt Heiner Melching, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP). Letztlich ist die Frage, welche Rolle die Palliativmedizin in der Patientenversorgung spielt, aber auch eng mit dem Selbstverständnis des Krankenhauses oder seines Trägers verknüpft.
Der renommierte Medizinethiker Professor Eckhard Nagel unterstreicht in seinem Gastbeitrag, dass Kliniken dafür natürlich eine angemessene finanzielle Ausstattung bauchen - "vor allem aber Mut und Demut, Zeit, Zuwendung und Zutrauen".