Orientierungswert

Die Faustformel des Ministers trifft nicht zu

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Die Faustformel des Ministers trifft nicht zu
Berndatte Rümmelin © Regina Sablotny

Die Ampelregierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag verpflichtet, im Gesundheitswesen Bürokratie abzubauen und Dokumentationspflichten zu reduzieren. Seit April 2023 liegen dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) konkrete Vorschläge der Verbände vor. Es ist gesetzlich festgelegt, dass das Ministerium bis Ende September Empfehlungen zum Bürokratieabbau im Gesundheitswesen erarbeiten muss.

Nun hat das BMG seine Formulierungshilfe für ein Krankenhaustransparenzgesetz vorgelegt. Der Intention den Patientinnen und Patienten eine verständliche Transparenz und bessere Übersicht zu den Krankenhausangeboten und deren Qualität zu ermöglichen, ist selbstverständlich nicht zu widersprechen. Wohl aber ist der Entwurf an vielen Stellen kritikwürdig. Mit dem Gesetz soll eine bundesweit einheitliche Level-Einteilung für Kliniken eingeführt werden. Das konterkariert nicht nur die Hoheit der Länder für die Krankenhausplanung, sondern führt auch die Patientinnen und Patienten in die Irre. Die Level erwecken den falschen Eindruck, dass sich gute Behandlungsqualität an der puren Größe einer Klinik und der Menge an Personal ablesen lässt. Doch das ist faktisch nicht der Fall. 

Viele kleine Häuser sind Leuchttürme

Zahlreiche mittlere und auch einige kleine Krankenhäuser sind regional in bestimmten Fachrichtungen Leuchttürme für eine Versorgung auf Spitzenniveau. Sie verfügen über hohe medizinische Expertise und Erfahrung, eine nachgewiesene Behandlungsqualität und entsprechende Fallzahlen. Auf diese Leuchttürme hat es der Minister mit seinem Transparenzgesetz offensichtlich abgesehen. Sie sollen einer strikten Zentralisierung der Krankenhausversorgung an Großkliniken geopfert werden. Das bedeutet für die Patientinnen und Patienten vor allem längere Wege und Wartelisten, aber nicht unbedingt auch eine bessere Behandlungsqualität. Denn aufgrund des weiten Aufgabenspektrums ist nicht zwingend davon auszugehen, dass große Zentralkliniken in allen Fachgebieten gleichermaßen Spitzenleistungen erbringen können.

Gesetz erhöht Bürokratie

Gleichzeitig enthält der Gesetzentwurf aber auch eine Reihe von Vorhaben, die die Bürokratie in den Krankenhäusern nicht abbauen, sondern weiter erhöhen werden. Dazu gehört beispielsweise die vorgesehene vierteljährliche Meldepflicht zur Personalausstattung nach Leistungsgruppen. Einen Mehrwert zur Qualitätsbeurteilung eines Hauses leisten diese Daten nicht, denn wer zukünftig eine Leistungsgruppe von der Landesplanungsbehörde zugewiesen bekommen hat, erfüllt auch die dafür erforderlichen Qualitätskriterien. 

Mit ihren Qualitätsberichten sorgen die Kliniken zudem jedes Jahr für ein hohes Maß an Transparenz über alle wichtigen Qualitätsmerkmale. Darin enthalten sind unter anderem Daten zur personellen und apparativen Ausstattung, zur Spezialisierung, zur Fallzahl je Diagnose oder Prozedur sowie zur Personalstruktur. 

Sicherlich können diese Daten für die Patientinnen und Patienten noch übersichtlicher aufbereitet werden. Daran arbeitet der Gemeinsame Bundesausschuss im Rahmen der datengestützten vergleichenden Qualitätssicherung zusammen mit dem Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) bereits konkret seit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG). 

Zusätzliche Datenabfragen trotz bestehender Strukturen

Wenn es Minister Lauterbach doch wenigstens um eine übersichtlichere Aufbereitung ginge! Denn statt auf bestehende Daten und Strukturen zurückzugreifen, will er den Kliniken zusätzliche Datenabfragen aufbürden. 

Ein Beispiel dafür ist die geplante kleinteilige und sehr aufwendige Zurechnung von Personal- und Tätigkeitsanteilen zu den einzelnen Leistungsgruppen. Wie schwierig das ist, sieht man schon heute bei der Umsetzung der Abgrenzungsvereinbarung für das Pflegebudget. In Analogie dazu sollen die Kliniken nun auch noch Daten zum ärztlichen Personal in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen übermitteln. Solche zusätzlichen Datenabgrenzungen sind unnötig und bloßes Futter für ein neues Bürokratiemonster.

Und es ist unverantwortlich, wenn den Patientinnen und Patienten gleichzeitig mit den Leveln Sand in die Augen gestreut wird. Denn die vermeintlich simple Faustformel des Ministers trifft nicht zu: Größe sorgt eben nicht stets für eine bessere Behandlungsqualität.

Autor

 Bernadette Rümmelin

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