Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) hat seine erste Hürde genommen: Der Bundestag hat es mit den Stimmen der Ampelkoalition verabschiedet. Damit hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) das wichtigste Gesetz seiner Amtsperiode auf den Weg gebracht. Leistungsgruppen sollen Betten als Planungsinstrument ersetzen und mit einer Vorhaltepauschale will der Minister das Finanzierungssystem reformieren. Ein Ziel des Ministers ist, dass kleine (vor allem urbane) Kliniken vom Netz gehen und andere sich in ihrem Leistungsportfolio umorientieren – etwa in die sektorenübergreifende Versorgungsform Level 1i. Die Qualität der Versorgung soll steigen und das schrumpfende Personal effizienter eingesetzt werden. Ob das Gesetz dafür die richtigen Stellschrauben setzt, muss sich aber erst zeigen.
Lauterbachs Zugeständnisse an SPD-Länder
Die Bundesländer sind mit dem Gesetz unzufrieden. Sie fordern Geld als Überbrückungshilfe und mehr Beinfreiheit bei den Planungsentscheidungen. Die CDU-geführten Länder wollen das nicht zustimmungspflichtige Gesetz deshalb in den Vermittlungsausschuss schicken – allen voran NRW-Gesundheitsminister Karl Laumann (CDU). Auch die SPD-geführten Länder sind nicht überzeugt. Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD), einer der Befürworter der Reform, hält seine Entscheidung im Bundesrat explizit offen.
Lauterbach wird probieren, die SPD-Länder auf Linie zu bekommen – und hat dies mit Zugeständnissen in den vergangenen Wochen schon versucht: Für Hamburg mit vielen Spezialkliniken etwa dürften die kürzlich erweiterten Regelungen für Fachkliniken von Bedeutung sein. Die im KHVVG eingefügten Kooperationsmöglichkeiten sind für mehrere ostdeutsche SPD-Länder wichtig und der versprochene vollständige Ausgleich von Tariflohnsteigerungen ist für Länder mit großen kommunalen Klinikträgern – wie beispielsweise Berlin oder Baden-Württemberg – unabdingbar. Ob diese Zugeständnisse und Lauterbachs weiteres Verhandlungsgeschick ausreichen, wird der 22. November zeigen. Dann tritt der Bundesrat zusammen und könnte entscheiden, ob er das Gesetz mit einfacher Mehrheit in den Vermittlungsausschuss schickt.
Zugänge fürs Auswertungstool gehen nächste Woche an die Länder
Philippi macht seine Entscheidung im Bundesrat auch von der Auswirkungsanalyse und den Effekten der Reform in seinem Bundesland abhängig. Das entsprechende Instrument ist fertig – das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will den Ländern Anfang nächster Woche Zugänge dafür bereitstellen. Dort können die Länder die Leistungsgruppen-Ist-Zahlen ihrer Kliniken eingeben und bekommen dann detaillierte Informationen: über die Versorgungssituation im Detail, darüber, wie schnell Patienten ihre Klinik erreichen, wenn Häuser geschlossen werden und – besonders wichtig – über die Verteilung der Vorhaltepauschalen an die Kliniken. Diese seit Monaten von den Bundesländern eingeforderte Transparenz dürfte die Diskussion um die Reform noch einmal kräftig einheizen.
Mindestzahlen: prozentual oder als Schwellenwert
Sollte das Gesetz zum Jahresbeginn 2025 kommen, müssen BMG und Länder im Nachgang noch drei Rechtsverordnungen aushandeln: Die Rechtsverordnung über die genaue Definition der Leistungsgruppen dürfte Kärrnerarbeit werden, allerdings zeigt sich das BMG optimistisch, dass eine schnelle Einigung kommt.
Die Verordnung über die Vergaberichtlinien für den Transformationsfonds bieten hingegen viel Spielraum. Der Wunsch, Geld nur für Klinikschließungen und Abteilungsumwandlungen fließen zu lassen, wird Wunschdenken bleiben. Hier haben die Länder einen großen Hebel – nicht zuletzt, weil sie die Hälfte der Zeche (25 der 50 Milliarden Euro über zehn Jahre) zahlen sollen.
Bei der Verordnung zu den Mindestzahlen je Leistungsgruppe dürfte es auch um die Systematik gehen. Die Mindestzahlen könnten prozentual oder als Schwellenwert ausgegeben werden.
GKV pro, DKG contra
Aus der Gesundheitsszene gibt es unterschiedliche Reaktionen auf das KHVVG. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) lehnt es ab und fordert die Bundesländer auf, das Gesetz zu stoppen .“So, wie der Entwurf jetzt vorliegt, darf er nicht umgesetzt werden“, sagte DKG-Vize Henriette Neumeyer der „Rheinischen Post“. Der GKV-Spitzenverband hingegen unterstützt – trotz Kritik an Details – Lauterbachs Vorhaben. GKV-Vorständin Stefanie Stoff-Ahnis appelliert an den Bundesrat, „jetzt den Weg für das KHVVG freizumachen, damit wir mit der Umstrukturierung der Krankenhauslandschaft beginnen können“. Die GKV warnt zwar vor Kostensteigerungen durch das Gesetz. Man könne aber nicht auf die perfekte Reform warten, so Stoff-Ahnis.