Dass Ministerin Warken besser kommunizieren will als ihr Vorgänger, ist löblich. Für eine nachhaltige Lösung der zahlreichen Herausforderungen braucht es aber mehr als nur das, mahnt Klinikmanager Thomas Menzel.
Die neue Bundesregierung hat ihre Arbeit aufgenommen. Dabei wird eine veränderte Arbeits- und Kommunikationskultur auf vielen legislativen und exekutiven Ebenen spürbar. Die neue Gesundheitsministerin vermittelt den Eindruck, dass sie proaktiv den Dialog mit den zahlreichen Akteuren des Gesundheitswesens sucht – von der Selbstverwaltung über Interessenvertretungen bis zu den Bundesländern: Erleichterung macht sich breit.
Doch angesichts der zahlreichen weltpolitischen und gesellschaftlichen Krisen stoßen die üblichen Zuständigkeiten zwischen den Ressorts und föderalen Ebenen an ihre Grenzen.
In der Gesundheitspolitik sind zu den noch nicht erledigten Themen aus der vergangenen Legislatur neue hinzugekommen, die keinen Aufschub dulden: Die Innenminister der Länder fordern zusätzliche Unterstützung bei der Krisenvorsorge und eine schnelle Umsetzung eines Gesundheitssicherstellungsgesetzes. Auch die Gesundheitsministerkonferenz pocht darauf, während parallel noch um Details der Krankenhausreform gerungen wird. Die Anpassungen des KHVVG sollen in einen Referentenentwurf gegossen werden, der in Kürze veröffentlicht und voraussichtlich im September vom Bundeskabinett beschlossen werden soll. Ohne einen konkreten Zeitplan ist die Umsetzung der Notfall- und Rettungsdienstreform angekündigt.
Die anstehende Sommerpause sollte genutzt werden, um die verschiedenen Handlungsstränge in eine übergreifende und abgestimmte Strategie zu überführen. Dafür brauchen wir ein neues Arbeitsverständnis, das die starren Zuständigkeiten – auch innerhalb der Ministerien – überwindet.
Was wir jetzt brauchen:
- Eine Notfallversorgung mit funktionierenden Abstimmungs- und Steuerungsprozessen. Das sichert uns nicht nur in Friedenszeiten eine hochwertige Versorgung, sondern ist auch die beste Vorsorge für den Krisenfall.
- Eine starke Koordinierungsfunktion, die die Versorgungsprozesse im Alltag verbessert und gleichzeitig die Grundlage für moderne Konzepte in der Bevorratung und für Übungen im Ernstfall innerhalb der Regionen schafft.
- Eine erweiterte Vorhaltefinanzierung, die den Mengenanreiz in der Regelversorgung reduziert und zugleich innovative Konzepte für Reservekapazitäten im Bedarfsfall ermöglicht.
Auch wenn diese Überlegungen auf den ersten Blick einleuchten, werden unterschiedliche Zuständigkeiten, verschiedene Finanzierungsregime und die ausgeprägte Tendenz zur Besitzstandswahrung die Umsetzung alles andere als einfach machen. Und angesichts der Defizite der gesetzlichen Krankenkassen müssen die gesellschaftlich notwendigen Maßnahmen der Krisenvorsorge auf anderem Wege finanziert werden.
Die Sondervermögen bieten eine einmalige Chance für den Einstieg in ein neues, übergreifendes Verantwortungsdenken. Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es mehr als nur einer veränderten Kommunikationskultur der neuen Bundesregierung gegenüber der Öffentlichkeit und den Stakeholdern. Es braucht eine klare politische Perspektive und den Willen diese auch umzusetzen, auch wenn es nicht allen gefallen wird. Die Zeit für eine entscheidende Weichenstellung für die Verbindung von Versorgung und Vorsorge ist jetzt.