Um einen Anstieg des Zusatzbeitrags zu vermeiden und das Defizit der Krankenkassen 2026 zu decken, hat das Bundeskabinett heute drei Maßnahmen beschlossen, die in Änderungsanträgen zum Entwurf eines Gesetzes zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege (BEEP) eingebracht werden.
Meisgbegünstigungsklausel
Für das kommende Jahr wird die sogenannte Meistbegünstigungsklausel ausgesetzt, wonach zwischen dem vom Statistischen Bundesamt ermittelten Orientierungswert (also der tatsächlichen Kostenentwicklung im Krankenhaus) und der Grundlohnrate (der Veränderung der durchschnittlichen Beitragseinnahmen je GKV-Mitglied) der jeweils höchste Wert als Obergrenze für die jährliche Vereinbarung des Veränderungswerts gilt. Stattdessen wird 2026 der Veränderungswert als Obergrenze für den Anstieg des Landesbasisfallwerts auf die Höhe des veröffentlichten Orientierungswertes festgelegt. Außerdem gilt als Obergrenze der Budgets von psychiatrischen und psychosomatischen Krankenhäusern für das Jahr 2026 die Höhe des veröffentlichten Orientierungswerts. Der maximale Anstieg der Vergütungen wird damit auf die im Orientierungswert real abgebildete Kostensteigerung im Krankenhausbereich begrenzt. Damit werden laut BMG 1,8 Milliarden Euro eingespart. Vertreter der Krankenkassen hatten dieses Vorhaben zuletzt unterstützt.
Der Veränderungswert stellt die maximale Steigerungsmöglichkeit für den Landesbasisfallwert (Basispreis für die Vergütung einzelner Krankenhausleistungen) dar und wird jährlich durch die Vertragsparteien auf Bundesebene (Deutsche Krankenhausgesellschaft, GKV-Spitzenverband und Verband der Privaten Krankenversicherung) vereinbart.
Verwaltungskosten der Krankenkassen
Außerdem will die Regierung die Verwaltungskosten bei den Kassen drosseln. Im Vergleich zum Jahr 2024 wird der Ausgabenanstieg der sächlichen Verwaltungskosten im Jahr 2026 auf acht Prozent begrenzt. Konkret dürfen die Zuwächse bei den Sachkosten in 2026 nur in Höhe der Inflationsentwicklung von rund zwei Prozent steigen. Dazu zählen zum Beispiel Kosten für Mobiliar, Post- und Fernmeldegebühren, Aufklärungs- und Werbemaßnahmen sowie Vergütungen für externe Dritte. Die Maßnahme soll rund 100 Millionen Euro eingesparen.
Kürzung des Innovationsfonds für 2026
Die Regierung will außerdem die Fördersumme des Innovationsfonds einmalig von 200 Millionen auf 100 Millionen Euro senken.
Gerald Gaß: Kliniken werden zu Ausfallbürgen der Politik
Nach der Zusage über vier Milliarden Euro Soforthilfen für Kliniken aus dem Sondervermöge sorgt die Kürzung für großen Unmut bei den Kliniken. „Im Krankenhausbereich werden die Vergütungsanstiege auf die reale Kostenentwicklung begrenzt, tatsächliche Kostensteigerungen werden auch weiterhin refinanziert“, erklärte Bundesgesundheitsministerin Nina Warken. Gerald Gaß, Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), monierte, dass die Regierung das Prinzip „wer bestellt, bezahlt“ völlig missachte. „Die Politik treibt die Kostenspirale bei den Krankenhäusern immer weiter nach oben und verweigert dann, diese Kosten zu finanzieren. Krankenhäuser werden zum Ausfallbürgen einer Politik, die den Krankenkassen durch versicherungsfremde Leistungen Geld entzieht.“
Janosch Dahmen: Versorgungsrelevante Kliniken besonders betroffen
Auch die Grünen kritisieren die geplanten Streichung der Meistbegünstigungsklausel scharf. Janosch Dahmen, gesundheitspolitische Sprecher der Bundestagsfraktopm erklärte: „Das ist eine so bemerkenswerte wie kopflose Rochade. Erst gibt die Regierung den Kliniken vier Milliarden Euro aus dem Sondervermögen und einen Monat später nimmt sie ihnen wieder zwei Milliarden Euro weg – um damit die Löcher in der Krankenversicherung zu stopfen. Das ist eine Politik, die im selben Moment Gas gibt und bremst. Gleichzeitig leitet die Regierung damit Geld aus dem Sondervermögen in die Krankenkassen um.“
Bemerkenswert sei außerdem, welche Kliniken unter dieser Rochade besonders leiden werden. „Vom Vier-Milliarden-Topf profitieren besonders Kliniken, die im großen Stil Fallzahlsteigerung betreiben können. Das kleine Landkrankenhaus hat dazu nicht die Möglichkeit. Es sind die großen Klinikketten und jene Regionen, in denen Überversorgung herrscht, die profitieren. Die Streichung der Meistbegünstigungsklausel aber trifft hingegen alle und relativ, versorgungsrelevante Klinken auf dem Land besonders hart“, so Dahmen. „Ich war zuletzt selten einer Meinung mit DKG-Chef Gerald Gaß, aber hier hat er recht. Diese Hasenfüßigkeit und dieser Zick-Zack-Kurs in der Krankenhauspolitik von Ministerin Warken verunmöglicht jede Planbarkeit und Transformation, die wir alle in diesem Land so dringend bräuchten.“