Defizitausglich durch Kommunen

Private und kirchliche Klinikträger erwägen weitere Klagen gegen Subventionen

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Private und kirchliche Klinikträger erwägen weitere Klagen gegen Subventionen
© Jeske

Derzeit purzelt eine Klinik nach der anderen ins Defizit und viele Kommunen greifen ihren Häusern unter die Arme und subventionieren. Private und kirchliche Kliniken beklagen seit langem, dass Kommunen damit Wettbewerbsverzerrung betreiben. Für Aufsehen hatte im August eine Klage des Deutschen Roten Kreuzes gegen das Land Berlin gesorgt. Beklagt werden die Subvention für Vivantes. Wie zu hören ist, könnten weitere Klagen folgen.

Der Bundesverbandes Deutscher Privatkliniken (BDPK), der Deutsche Evangelische Krankenhausverband (DEVK), das Deutschen Roten Kreuzes (DRK) und der Katholische Krankenhausverband Deutschlands (KKVD) haben heute in Berlin ein Rechtsgutachten zur Subvention kommunaler Kliniken präsentiert. Die Zahlungen verstoßen gegen den „Grundsatz der gesetzlich verankerten Trägerpluralität“, erklärte Gutachterin Frauke Brosius-Gersdorf. Diese Praxis verletze sowohl die Krankenhausgesetze des Bundes als auch das Grundgesetz und das EU-Beihilferecht, führte die Professorin der Universität Potsdam aus. Der Staat könne nicht Krankenhäuser zulassen, sie für die Versorgung der Bevölkerung verpflichten und dann nicht angemessen und gleich bezahlen. Kostenlose Darlehen, Liquiditätshilfen, Defizitausgleich oder Ähnliches – all das unterlaufe den Gleichheitsgrundsatz. „Alle Plankrankenhäuser haben gesetzlichen Anspruch gegenüber Ländern und Kassen auf eine gerechte, auskömmliche Finanzierung“, so die Juristin.

„Das Delta lässt sich nicht refinanzierbar“

Vor allem weil die Kosten steigen, drängen private und freigemeinnützige Träger auf Subventionen für alle - oder keinen. „Zwischen Erlössteigerungen von 5 Prozent und Preissteigerungen von 12 Prozent haben wir ein Delta von 7 bis 8 Prozent. Das lässt sich nicht mehr refinanzieren sind. Wir stehen ohne Ausgleich da und versuchen uns derzeit durchzumogeln“, monierte Jens Schick, Vorstand des privaten Klinikkonzerns Sana und BDPK-Vorstand. „Gleichzeitig sehen wir, wie defizitäre Häuser für Pflegekräfte Wechselprämien von bis zu 10.000 Euro zahlen.“ Vor allem bei der Personalakquise zeige sich die Wettbewerbsverzerrung deutlich. Dabei seien die Träger aus der Versorgungslandschaft nicht wegzudenken, bemerkte Ansgar Veer, stellvertretender Vorsitzender des KKVD. „Im Münsterland wird die Versorgung fast ausschließlich von freigemeinnützigen Häusern geleistet.“ Die einseitige Quersubventionierung der öffentlichen Krankenhäuser sei nicht gerecht. 

46 Millionen Subventionen für Frankfurter Kliniken

Markus Horneber, Vorstandsvorsitzender des freigemeinnützigen Klinikträgers Agaplesion, verwies auf die aktuelle Lage in Frankfurt am Main. Dort profitiert der städtische Klinikverbund von einem Defizitausgleich in Höhe von 46 Millionen Euro. „Wir haben bei der Stadt unsere Bedenken vorgetragen und um ein Gespräch in dieser Sache gegeben“, erklärte Horneber. Nach längerem Warten habe man Post vom Stadtkämmerer erhalten: Die Stadt lasse die Bedenken von einer Kanzlei prüfen. Horneber und Agaplesion überlegen derzeit, ob sie gegen die Frankfurter Subventionen Klage einreichen. Bisher habe man sich als Partner der Länder gesehen und deshalb nicht geklagt. Die aktuelle Finanzlage lasse aber wenig Spielraum. „Wenn keine Einsicht kommt, kann es durchaus zu einer Klagewelle kommen“, prognostiziert Horneber. 

Berlin: Klage mit Vorbildcharakter?

Christian Friese, Vorsitzender der Geschäftsführung der DRK Kliniken Berlin, hat diesen Schritt schon gemacht. Die DRK Kliniken Berlin haben, unterstützt von 29 weiteren Krankenhäusern der Hauptstadt, das Land Berlin wegen Subventionen für Vivantes verklagt. 515 Millionen Euro Sondermittel hatte der kommunale Klinikkonzern 2022 erhalten. „Für die Jahre 2024 und 2025 sind weitere 572 Millionen Euro geplant“, so Friese. „Während wir überlegen, ob wir eher das Dach reparieren oder Patientenzimmer renovieren, fließen in die kommunalen Kliniken solche Summen.“ Auch Friese wies auf den Vorteil hin, den solche Sonderzahlungen bei der Personalakquise bringen. 

Urteil Calw: „Urteilsbegründung überzeugt nicht“

Eine Klage gegen Subventionen hat es schon einmal gegeben. Damals hatte der BDPK den Landkreis Calw verklagt. Die Klage im Fall Calw auf Verstoß gegen das EU-Wettbewerbsrecht hatte der Bundesgerichtshof allerdings 2016 abgewiesen. „Die Urteilsbegründung von damals überzeugt allerdings nicht", kommentierte Gutachterin Brosius-Gersdorf. Es sei an der Zeit, den Sachverhalt von einem anderen Gericht überprüfen zu lassen.

Das Rechtsgutachten ist hier zu finden.
 

Autor

 Jens Mau

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