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Woher das Geld für den Transformationsfonds kommen sollte

  • Krankenhausplanung
Woher das Geld für den Transformationsfonds kommen sollte
Andreas Beivers © Regina Sablotny

Die Transformation der Krankenhauslandschaft kostet Geld, das weder in der Staatskasse noch in den Rücklagen der Krankenkassen zu finden ist. Gesundheitsökonom Andreas Beivers hat einen Vorschlag.

Der Referentenentwurf zur Verwaltung des Transformationsfonds im Krankenhausbereich, kurz die Krankenhaustransformationsfonds-Verordnung (KHTFV) soll am 21. März im Bundesrat beschlossen werden. Der Fonds soll Krankenhäuser bei der Umstellung auf eine stärker sektorenübergreifende, digitalisierte und qualitätsorientierte Versorgung unterstützen. Über die Frage, wie dies gelingen kann, wird sich insbesondere die Session „Zielgenaue Förderspritze oder Milliardengrab?“ auf dem DRG-Forum 2025 beschäftigen. Neben diesen technischen Fragen steht jedoch noch ein Weißer Elefant im Raum: Die Finanzierung.

Umbau gelingt nicht ohne die Mittel aus dem Transformationsfonds

Es ist bekannt, dass die versprochenen 50 Milliarden Euro über einen Zeitraum von zehn Jahren (2026 bis 2035) hälftig aus den Liquiditätsreserven des Gesundheitsfonds gespeist werden, die andere Hälfte sollen die Bundesländer berappen – zusätzlich zu ihren landeseigenen Investitionsmitteln für Krankenhäuser wohlgemerkt. Die verfassungsrechtlichen Bedenken diesbezüglich hat das vom AOK-Bundesverband in Auftrag gegebene Gutachten der Rechtswissenschaftlerin Dagmar Felix detailliert beleuchtet. Es bleibt spannend, wer klagt und wie die Gerichte entscheiden. Doch am Ende gibt es hier keine Gewinner, auch wenn die Kostenträger recht bekommen. Denn ohne die Mittel aus dem Transformationsfonds kann der Umbau der Krankenhauslandschaft nicht gelingen. 

Die von den Kostenträgern über zehn Jahr zu finanzierenden 25 Milliarden Euro sind Sprengstoff. Auch ohne diese Mammutaufgabe hat der Schätzerkreis für 2025 eine Finanzierungslücke in einer Größenordnung von rund 14 Milliarden Euro prognostiziert. Dies führt nun zu steigenden Zusatzbeiträgen und einer Reduktion des Reallohnes von GKV-Versicherten. Das ist Gift für den gesellschaftlichen Frieden, denn die Absicherung der Krankheitsrisikos wird teurer, bei gleichzeitig längeren Wartezeiten. Freiwillig gesetzlich Versicherte zahlen derzeit (mit Arbeitgeberbeiträgen) über 1.100 Euro im Monat ein, und damit mehr als der durchschnittliche PKV-Versicherte. Solidarität ist wichtig, muss jedoch für alle Beteiligten eine faire und verteilungsgerechte Systematik aufweisen. Ansonsten drohen die Solidargemeinschaften zu zerbrechen. Doch was könnte eine Lösung sein? Wie kann die jährliche Mehrbelastung des Gesundheitsfonds alternativ finanziert werden? 

Zuckersteuer könnte die Mittel aufbringen

Die Restrukturierung der Versorgungslandschaft ist ordnungspolitisch betrachtet eine Staatsaufgabe und daher durch Steuermittel zu finanzieren. Vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltslage, der Rezession der deutschen Wirtschaft sowie der Einhaltung der Schuldenbremse ist es aus volkswirtschaftlicher Sicht klar, dass von generellen Steuererhöhungen, um dergleichen Maßnahmen zu finanzieren, abzusehen ist.

Dennoch lohnt ein Blick in die ökonomische Theorie: Es ist wissenschaftlich evident, dass zu hoher Alkohol-, Nikotin und Zuckerkonsum zu gesundheitlichen Schäden führen und dadurch Kosten für das solidarisch finanzierte Gesundheitssystem entstehen. Auch wenn die Zusammenhänge wissenschaftlich nicht trivial sind, ist es auch in einem liberalen, demokratischen Staat durchaus rechtes, über die Einführung von Steuern für Güter zu diskutieren, die in der Ökonomie zu den sogenannten negativen externen Effekten in der Konsumption führen.

Zucksteuer könnte negative gesundheitliche Effekte verhindern

Diese negativen Effekte ergeben sich – der Theorie folgend – dadurch, dass die privaten Grenzkosten des Konsums der gesundheitsschädlichen Güter niedriger sind als die gesellschaftlichen Kosten. Der britische Ökonom Arthur Cecil Pigou empfahl daher schon vor über 150 Jahren die Einführung der nach ihm benannten Pigou-Steuer. Diese ist als eine Art Lenkungssteuer zu verstehen, die entweder darauf abzielt, dass dergleichen Güter aufgrund ihres nun höheren Preises weniger konsumiert werden, oder wenn doch, es zu Steuereinnahmen kommt, die verwendet werden können, um die dadurch auftretenden negativen externen Effekte zu finanzieren. Sprich: Würde man über die Einführung einer Zuckersteuer oder die Erhöhung der Alkoholsteuer diskutieren, könnten dadurch nicht nur die benötigten Mittel für den Krankenhaustransformationsfonds aufgewandt werden, sondern gleichzeitig auch negative gesundheitliche Effekte vermieden werden.

Dabei kommt es auch zu mehr Äquivalenzprinzip und Solidarität. Natürlich ist bekannt, dass die Einführung von Steuern auch zu sogenannten Wohlfahrtsverlusten führen können. Dies geschieht dadurch, dass durch einen Rückgang des Konsums die entsprechenden Produzenten der Güter benachteiligt werden. Dies hängt aber von der Preiselastizität der Nachfrage dieser Güter ab. Vermutlich ist diese jedoch geringer als in anderen Bereichen der Volkswirtschaft.

Einnahmen von 500 bis 600 Millionen Euro pro Jahr möglich

Das zeigen auch verschiedene Studien sowie Beispiele aus dem Ausland, unter anderem am Beispiel einer Zuckersteuer: Die Höhe der Einnahmen hängt dabei stark davon ab, wie die Steuer ausgestaltet wird (Besteuerung pro Gramm Zucker, Steuersatz, betroffene Produkte). Eine Modellrechnung des ifo Instituts aus dem Jahr 2018 taxiert mögliche Einnahmen einer Zuckersteuer auf Softdrinks bei einem Steuersatz von 10 bis 20 Prozent auf jährlich bis zu 2 Milliarden Euro.

In Großbritannien wurde im Jahr 2018 eine Zuckersteuer eingeführt, die jährlich etwa 300 Millionen Pfund (350 Millionen Euro) einbringt. Hochgerechnet auf die deutsche Bevölkerung (etwa 1,5-mal größer) könnte eine ähnliche Steuer in Deutschland 500 bis 600 Millionen Euro pro Jahr einbringen. Aber auch Länder wie Mexiko, die schon seit 2014 eine Steuer auf zuckerhaltige Getränke von 1 Peso pro Liter (5 Cent) haben, wie auch die USA, die das Modell lokaler Zuckersteuern auf Getränke (z.B. in Philadelphia, Berkeley mit 30 bis 60 Cent pro Liter) eingeführt haben zeigen, dass dies möglich ist und von der Bevölkerung akzeptiert wird.

Mix aus Alkoholsteuererhöhung und Zuckersteuer

Aber auch ein Blick auf die Alkoholsteuer lohnt: Im Jahr 2023 erzielte der Bund dadurch Einnahmen in Höhe von 2,2 Milliarden Euro. Dies bedeutet, dass alleine eine Verdoppelung dieser Steuer zu beachtlichen Mehreinnahmen führen könnte. Denkbar wäre auch ein Mix aus einer moderaten Alkoholsteuererhöhung und der Einführung einer geringen Zuckersteuer.

Dies könnte ausreichen, die jährlichen Mehrausgaben der Kassen von 2,5 Milliarden Euro für den Transformationsfonds zu finanzieren, die Beitragssätze und somit auch die Lohnnebenkosten zu stabilisieren. Obendrein könnte es auch noch zu einer Stärkung des Solidargedankens und des Äquivalenzprinzips in der Sozialversicherung beitragen.

Daher ist es Zeit, auch darüber nachzudenken und einen Diskurs zu führen. Bleibt zu hoffen, dass politischer Mut und Wille bestehen. Am Ende geht es dabei explizit nicht um die Bevormundung der Bürger oder um die Einführung eines Verbotsstaates, sondern um eine verteilungsgerechte, nachhaltige Finanzierung der Versorgungslandschaft. 

Autor

Prof. Dr. Andreas Beivers

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