Seit Januar können Kliniken Tagespauschalen abrechnen. Der Gesundheitsminister will Krankenhäuser so anspornen, stationäre Leistungen quasi ambulant zu machen. Doch in der Praxis erweist sich die Reform als komplexe Stolperfalle. Nur wenige Mutige stehen schon in den Startlöchern.
Die sogenannten Tagesbehandlungen sollen Kliniken die ambulante Behandlung von Patienten ermöglichen bei quasi stationärer Bezahlung. Das heißt, die Tagesbehandlung wird wie eine DRG abgerechnet, nur dass sich für die nicht anfallenden Übernachtungskosten das Relativgewicht (Bewertungsrelation) der DRG pauschal um 0,04 pro entfallende Nacht mindert. Das entspräche etwa einer Hotelübernachtung von circa 140 Euro. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht in diesem Gesetzesvorstoß großes Einsparpotenzial bei Personal und Kosten.
Paradigmenwechsel oder Rohrkrepierer?
Doch Lauterbachs Gesetz, das seine Regierungskommission erdacht hat, kommt noch nicht gut an. Während die Kommission von einem „Paradigmenwechsel“ spricht, unkt die Klinikbranche schon vom „Rohrkrepierer“. Krankenhäuser befürchten zu viel Arbeit mit wiederkehrenden Patientenaufnahmen und der Nachbetreuung von Tages- patienten. Außerdem stünden zu viele Ausnahmen im Kleingedruckten. In der Tat sind einige Indikationen von dieser neuen Finanzierungsmöglichkeit ausgeschlossen: Fälle des ambulanten Operierens (AOP-Katalog), Notfallpatienten, belegärztliche Leistungen, ASV-Leistungen oder jene, für die es eine ambulante Ermächtigung gibt. Außerdem dürfen Kliniken eintägige Behandlungen ohne Einweisungen und Behandlungen in der Notaufnahme nicht als Tagespauschalen abrechnen. Darüber hinaus dürfen Leistungen, die bisher ambulant erbracht und nach EBM vergütet wurden, nicht über die Tagespauschalen vergütet werden. Komplexe und risikohafte Behandlungen kommen laut Gesetzgeber auch nicht in Betracht – eine genaue Bewertung liefert das Gesetz allerdings nicht. Dennoch, so die Ankündigung der Regierungskommission, kämen rund 25 Prozent der insgesamt 17 Millionen Krankenhausfälle pro Jahr für die Tagesbehandlungen in Betracht.
Neue Station in Braunschweig
Insofern ist das Klinikum Braunschweig eine mutige Ausnahme. Der Maximalversorger hat bereits Ende Januar eine halbe Station für die Tagespauschalfälle eingerichtet: Dort stehen 17 Betten, fünf davon mit erhöhter Überwachungsmöglichkeit. Es gibt einen eigenen Aufnahme- und einen Wartebereich. Angesichts der vielen Beschränkungen steigt die Klinik jedoch mit einem simplen Plan in die Tagesbehandlungen ein. Das Klientel, das zu Beginn behandelt werden soll, beschränkt sich überwiegend auf wenige Diagnosen – zum Beispiel Patienten mit kurzfristig aufgetretenen Herzrhythmusstörungen (Kardioversionen) oder solche, die Infusionstherapien benötigen. Beide Behandlungen sind theoretisch prästationär oder ambulant machbar, jedoch das Entgelt für die prästationäre/ambulante Behandlung ist unzureichend – die Bezahlung ist seit Jahren umstritten.
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