Leitlinie

Irgendwo zwischen Absurdistan und Utopia

  • Reha
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  • 03.09.2024

f&w

Ausgabe 9/2024

Seite 862

Achim Schäfer

In den Hochzeiten der Energiekostenexplosion haben auch wir händeringend nach Lösungen gesucht. Dann kam uns eine Idee für eine einfache Maßnahme: Direkt hinter einer unserer Kliniken sprudelt eine große 40 Grad warme Quelle, die wir dazu nutzen wollen, unsere Klinik zu beheizen. Ein großer Fördertopf wurde entdeckt, um solche verwegenen Projekte umzusetzen. Mit Engagement ging unsere Mannschaft ans Werk. Konzepte wurden geschrieben, Architekten und Ingenieure beauftragt. Neben umfangreichen Plänen und einer 350-seitigen detaillierten Berechnung entstand in dem nun 24-monatigen Prozess auch ein erhebliches Kostenvolumen, ohne in irgendeiner Weise sicher zu sein, dass die notwendige Förderung am Ende auch erreicht wird. Mein persönliches Highlight in diesem Prozess ist ein Formblatt, in dem wir schriftlich bestätigen mussten, dass die für die Sanierung vorgesehenen Mittel nicht zur Finanzierung einer terroristischen Organisation verwendet werden und dass wir keiner terroristischen Organisation angehört. Mit der richtigen Portion Humor gibt es in unserem Arbeitsalltag doch immer wieder Momente, in denen man über die Bürokratie schallend lachen kann.

Leider vergeht das Lachen doch sehr schnell. In einer Zeit, in der uns die Arbeitskräfte ausgehen, benötigen wir schlankere Strukturen und Prozesse sowie einen Abbau bürokratischer Hürden. Tatsächlich sind wir jedoch auf dem entgegengesetzten Pfad unterwegs. Bestes Beispiel ist die geplante Krankenhausreform. Hinsichtlich der Notwendigkeit einer längst überfälligen, umfassenden Reform sind sich alle einig: Wir müssen unsere Leistungen konzentrieren, qualitativ besser werden und die Versorgung auf dem Land gewährleisten.

Sowohl das Vorgehen als auch das Vergütungssystem mit Vorhaltepauschalen stellen uns Kliniken vor enorme bürokratische Herausforderungen, welche mit weniger Personal zu bewältigen sein werden und uns noch weiter von unserer Kernkompetenz, der Behandlung von Menschen, entfernen wird. Man könnte es sich doch einfach machen und einen Wettbewerb ausloben: 600 Krankenhäuser weniger entsprächen 30 Prozent. Die notwendigen Kriterien definieren und für jeden von der Planungsbehörde angenommenen Vorschlag Investitionsmittel von 100 Millionen Euro ausloben, die in die verbleibenden Häuser investiert werden dürfen. Sicher würden sehr schnell sinnvolle Vorschläge auf dem Tisch liegen, die es den Trägern erlauben, nachhaltige Gesundheitsversorgung zu gewährleisten. Selbstredend ist dieser Vorschlag kühn und utopisch. Aber die Krankenhausreform scheint ein ebenso kühnes Vorhaben zu sein: Wir definieren ein neues Fallgruppensystem, gebären eine Vorhaltepauschale, die den Namen nicht verdient, und vervielfachen den Komplexitätsgrad des Finanzierungssystems. Schließung per Insolvenz ist die Devise – das ganze zulasten der Sozialkassen (Insolvenzausfallgeld) und zur Freude der Insolvenzverwalterbranche, die gerade einen unglaublichen Boom erlebt. Absurdistan oder Utopia? Die Antwort liegt vermutlich in der Mitte ... warten wir es ab.

Autor

f&w führen und wirtschaften im Krankenhaus

Die Fachzeitschrift für das Management im Krankenhaus

Erscheinungsweise: monatlich

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