GKV-Spitzenverband

Nach der Reform ist vor der Reform

  • Politik
  • Titel
  • 25.02.2025

f&w

Ausgabe 2/2025

Seite 130

Stefanie Stoff-Ahnis

Die neue Bundesregierung muss die Krankenhausreform konsequent umsetzen, fordert Stefanie Stoff-Ahnis vom GKV-Spitzenverband. Die wichtigsten Hebel sind eine sektorenenübergreifende Planung, die Ambulantisierung und die Digitalisierung.

Wir blicken auf eine Legislaturperiode zurück, in der Gesetzgebungsverfahren zu dringend notwendigen Strukturveränderungen im Gesundheitswesen eingeleitet, aber überwiegend nicht abgeschlossen werden konnten. Es besteht also weiterhin Handlungsbedarf, um das Gesundheitswesen zukunftsfest aufzustellen.

Der Krankenhausbereich bleibt trotz des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) reformbedürftig. Natürlich müssen Reformen erst einmal greifen. Aktuell sprechen wir jedoch über sinkende Produktivität in der Krankenhausversorgung, unabgestimmte Leistungsangebote der Krankenhäuser, Qualitätsdefizite in Form von Gelegenheitsversorgung und eine unzureichend umgesetzte Ambulantisierung. Hinzu kommen in vielen Bereichen ungenutzte Digitalisierungspotenziale, etwa in der Pflegedokumentation oder aufgrund unterschiedlicher Verwaltungssysteme. Es wird eine wichtige Aufgabe der künftigen Bundesregierung sein, diese Defizite zu beseitigen.

Zielbild der Krankenhauslandschaft

Vor weiteren Reformen muss ein Zielbild einer bedarfsgerechten Krankenhauslandschaft entwickelt werden. Dieses Zielbild und seine Finanzierung sollten vor dem Umbau stehen. Es wäre fatal für die Gesundheitsversorgung in unserem Land, wenn Gelder für nicht notwendige Strukturreformen verschwendet würden.

Die derzeit vorgesehene Finanzierung des Transformationsfonds ist eine Zweckentfremdung von Beitragsmitteln und verfassungswidrig, wie das Gutachten von Professorin Dagmar Felix, Universität Hamburg, belegt. So kann es keinesfalls Aufgabe der GKV sein, den 50 Milliarden Euro teuren Umbau der Krankenhauslandschaft zur Hälfte zu finanzieren, zumal Sozialversicherungsbeiträge einer strengen gesetzlichen Zweckbindung unterliegen. Der Umbau der Krankenhauslandschaft ist eine gesamtgesellschaftliche und damit staatliche Aufgabe. Der Bund darf seine Finanzierungsverantwortung nicht auf die Beitragszahlenden der GKV abwälzen.

KHVVG nutzen und weiterentwickeln

Das KHVVG ermöglicht es den Planungsbehörden in den Bundesländern, den Krankenhäusern künftig bis zu drei Jahre lang Ausnahmen von den Qualitätskriterien für die den Krankenhäusern zugewiesenen medizinischen Leistungsgruppen zu gewähren. Dies kann dazu führen, dass Patientinnen und Patienten außerhalb von Ballungsräumen nicht qualitätsgesichert versorgt werden. Es muss daher für alle transparent sein, ob ein Krankenhaus die Mindestqualitätsanforderungen erfüllt oder nicht – und wie weit das nächste Krankenhaus entfernt ist, das die Qualitätsanforderungen erfüllt.

Einheitliche Leistungsgruppen

Eine Grundlage für die künftige Krankenhausplanung ist die bundeseinheitliche Definition von Leistungsgruppen. Damit werden die Planungen der Länder erstmals direkt vergleichbar. Gemeinsame Leitplanken für rechtssichere Planungsentscheidungen könnten diese vereinfachen und langwierige gerichtliche Auseinandersetzungen vermeiden. Analog zur Musterbauordnung sollte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beauftragt werden, eine Musterkrankenhausplanungsordnung mit entsprechenden Empfehlungen an die Länder zu erarbeiten. Hier sollten auch Empfehlungen zur Anwendung der Planfallzahlen für die Vorhaltefinanzierung erarbeitet werden.

Für die Vorhaltefinanzierung von Krankenhäusern ist zusätzlich der wichtige Parameter der Bedarfsnotwendigkeit zu berücksichtigen. Sie muss populationsbezogen anhand der Kapazität eines Krankenhausstandorts ermittelt werden und nicht an in der Vergangenheit bereits erbrachten Leistungen. Vor diesem Hintergrund ist eine Weiterentwicklung der Vorhaltefinanzierung durch die gemeinsame Selbstverwaltung zwingend erforderlich. Derzeit werden verschiedene Modelle zur Abbildung dieser Nachfrageseite diskutiert, die vielversprechende Ansätze bieten. Diese sollten genutzt werden, um die Vorhaltefinanzierung auf eine solide Basis zu stellen.

Sektorenübergreifend Bedarfe planen

Eine sektorenübergreifende Bedarfsplanung muss endlich gesetzlich etabliert werden, um unwirtschaftliche und nicht bedarfsgerechte Doppel- und Mehrfachstrukturen abzubauen. Ambulante Leistungen der Krankenhäuser müssen einen einheitlichen Rahmen im SGB V erhalten. Der Ambulantisierungsprozess soll Wirtschaftlichkeitsreserven erschließen, Ressourcen schonen und die Qualität der Versorgung verbessern. Die Leistungsvergütungen sind in ihrer Struktur und ihrem Niveau am einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) auszurichten.

Digitalisierung voranbringen

Die Digitalisierung kann die starre Trennung der Versorgungssektoren überwinden. Im nicht mehr verabschiedeten Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz (GDAG) waren hierfür richtige und wichtige Schritte enthalten, die die neue Bundesregierung aufgreifen sollte. Ein zentrales Hemmnis ist die fehlende Interoperabilität der technischen Systeme in den Krankenhäusern. Das GDAG hätte zu Recht Sanktionen gegen Krankenhäuser vorgesehen, die nicht nachweisen können, dass ihre Systeme den vorgegebenen Interoperabilitätsstandards entsprechen.

Auch in der ambulanten Versorgung sind stärkere Durchgriffsrechte erforderlich, um zum Beispiel die Hersteller von Praxisverwaltungssystemen (PVS) verpflichten zu können, technische Störungen im Praxisalltag zu beseitigen. Denn häufig sind diese Störungen nicht auf Fehler in der Telematikinfrastruktur, sondern auf mangelnde Interoperabilität mit den PVS zurückzuführen.

Für die kommende Legislaturperiode bleibt noch viel zu tun. Wichtig ist, dass nachhaltige politische Entscheidungen getroffen werden, die die Versorgung für alle Menschen in diesem Land verbessern und für die Zukunft sichern und nicht nur die Beiträge der GKV-Mitglieder erhöhen.

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