Politische Auseinandersetzungen und damit auch ein gewisser politischer Machtpoker gehören zweifellos zur demokratischen Kultur und es wäre naiv anzunehmen, es ginge im politischen Prozess lediglich um die Sachfrage. Insofern ist die Überweisung des Transparenzgesetzes an den Vermittlungsausschuss durch den Bundesrat durchaus nachvollziehbar. Die Bundesländer wollen – und dürfen – sich nicht vom Bundesgesundheitsminister vor sich hertreiben lassen und alles abnicken, was er in seiner akademischen Weisheit beschließt.
Denn der Bundesgesundheitsminister hat seine eigene politische Agenda. Sein Narrativ der transparenten Versorgungmöglichkeiten und Behandlungsqualität, mit der durch die richtige Auswahl des „richtigen“ Krankenhauses tausende Leben gerettet werden könnten, ist durchaus geschickt – allerdings auch perfide.
Denn um Transparenz geht es in dem Gesetz – wenn überhaupt – nur sekundär. Es ist mehr als fraglich, ob diejenigen, die sich bei entsprechend schwerwiegenden Krankheiten bereits heute nicht über die bestmögliche und geeignete Behandlung informieren, dann das Transparenzverzeichnis nutzen werden. Für alle anderen selbstbestimmten und informationsbedürftigen Menschen finden sich die entsprechenden Informationen bereits heute in ausreichendem Umfang und transparenter Darstellung.
Wichtiger als für die Transparenz sind die im Transparenzgesetz zusätzlich angeforderten Daten, insbesondere des ärztlichen Dienstes, für die Entwicklung eines Leistungsgruppengroupers durch das Institut für das Entgeltwesen im Krankenhaus, der ohne diese Angaben schlicht nicht möglich ist.
Milliardenbeträge sind keine Großzügigkeit
Das zweite Narrativ, durch das Transparenzgesetz würden die Krankenhäuser mit weiteren Milliardenbeträgen unterstützt, ist ebenfalls unredlich. Denn in Wahrheit ist die Verknüpfung mit den Regelungen für eine schnellere Ausgleichsmöglichkeit des Pflegebudgets ein politischer Schachzug, um den Widerstand der Länder abzukaufen. Zudem ist dies keine Großzügigkeit des Gesetzgebers, die hier schneller auszuzahlenden Beträge haben die Krankenhäuser längst bei den Pflegepersonalkosten vorfinanziert, sie wurden ihnen nur in den Verhandlungen von den Kostenträgern vorenthalten. Es handelt sich um Geld, das den Krankenhäusern zusteht und längst ausgegeben ist.
Stattdessen weigert sich der Bundesgesundheitsminister hartnäckig, die strukturelle Unterfinanzierung der Krankenhäuser (mangelnde Investitionsförderung und unzureichende Anpassung der Landesbasisfallwerte an die Inflation) mittels eines Vorschaltgesetzes zu beenden oder wenigstens abzumildern.
Die Rolle der Länder
Doch auch die Länder haben ihren Part in dem Pokerspiel. Alle Beteiligten wissen, dass es einer grundlegenden Reform bedarf, um die Gesundheitsversorgung (nicht nur die Krankenhausversorgung) für die Zukunft zu gestalten und zu erhalten. Die Länder sollten sich daher konstruktiv an dieser Reform beteiligen und weniger machtpolitische als eher versorgungspolitische und demografische (Stichwort: Fachkräfte) Aspekte in den Vordergrund stellen.
Auch am finanziellen Desaster der Krankenhäuser haben die Länder durch die mangelnde Investitionsfinanzierung ihren Anteil. Wäre die Fördermittelquote über die vergangenen drei Jahrzehnte bei den 9,2 Prozent des Jahres 1992 geblieben, dann wären bis zum Jahr 2021 rund 90 Milliarden Euro mehr im System gewesen – Geld, das die Länder den Krankenhäusern (oder vielmehr den Sozialleistungsträgern, aus deren Vergütungen die Investitionsförderlücke in der Regel quersubventioniert wurde) schulden.
Machtpolitik ist eine anzuerkennende Realität, doch auch der Zusammenbruch der Gesundheitsversorgung – kurzfristig durch die Unterfinanzierung, mittelfristig durch den Fachkräftemangel – ist höchst realistisch und bedarf einer sachorientierten und tragbaren Lösung mit konstruktiver Beteiligung aller Betroffenen und Akteure. Bis dahin braucht es auch eine funktionierende Krankenhausversorgung. Die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser ist keine freiwillige Aufgabe, sondern, wie inzwischen mehrere Rechtsgutachten feststellen, (grund-)gesetzliche Pflicht von Bund (Sozialleistungsträger) und Ländern (Investitionsfinanzierung).