Die Krankenhausreform sollte den ökonomischen Druck lindern. Doch sie gefährdet nun die Häuser, die gemeinwohlorientierte Versorgung mit solider Wirtschaftlichkeit verbinden.
Die Gesundheitsversorgung in Deutschland soll gemeinwohlorientiert sein, so der allgemeine Bürgerwille. Die aktuelle Krankenhauspolitik setzt jedoch gerade die Träger, die dem Staatsprinzip der Subsidiarität und dem gemeinnützigen Wirtschaftsmodell am engsten verpflichtet sind, besonders unter Druck: die freigemeinnützigen Kliniken. Dieser Trägertyp stand bisher im besonderen Ruf, wirtschaftlich resilienter zu sein als öffentliche und private Träger, die stark von Steuerzuschüssen oder der Gewinnerwartung privater Shareholder abhängen. Freigemeinnützige Kliniken müssen sich wirtschaftlich selbst tragen und erzielte Gewinne in die Versorgung reinvestieren.
Die aktuellen Rahmenbedingungen setzen das freigemeinnützige Wirtschaftsmodell allerdings nahezu außer Kraft. Grund dafür ist die Krankenhausreform à la Karl Lauterbach, bei der die inflationsbedingt massiv gestiegenen Kosten der Kliniken für die Jahre 2022 und 2023 nicht ausgeglichen und die Preisniveaus in der Vergütungsbasis für die kommenden Jahre somit auch nicht angepasst werden. Gleichzeitig bedroht das unausgegorene Konzept zur Vorhaltefinanzierung viele Häuser, die für die Grund- und Regelversorgung in der Fläche unverzichtbar sind, in ihrer wirtschaftlichen Existenz. Denn mit der neuen Vorhaltevergütung werden Anteile der bestehenden DRG-Budgets lediglich umverteilt anstatt die realen Vorhaltekosten beispielsweise für ärztliches und pflegerisches Personal sowie technische Ausstattung für eine Notfallversorgung rund um die Uhr zu erstatten. Dies geschieht zudem auf Basis eines hochbürokratischen Prozesses und anhand komplexer Kriterien abhängig von Fallzahlen. Profitieren werden davon in der Regel größere Kliniken mit vielen zugewiesenen Leistungsgruppen. Hinzu kommen zahlreiche neue Struktur-, Leistungsmengen- und Qualitätsvorgaben, die in Summe existenzbedrohende Auswirkungen auf die Kliniken haben, sofern die Länder sie nicht durch Ausnahmeregelungen retten können. Ziel dieser ganzen neuen Regelungen ist es, Kosteneinsparungen durch Kapazitätsabbau und Personaleinsparungen zu generieren – auf den ersten Blick über alle Trägerarten hinweg.
Ungleichbehandlung von öffentlichen und freigemeinnützigen Krankenhäusern
Aber nur auf den ersten Blick, denn wir erleben, wie Kommunen und Landkreise trotz knapper Kassen wahre Wunder bewirken, um öffentliche Krankenhäuser zu stützen. Es grenzt schon fast an Zauberei. Jüngstes Beispiel ist die Stadt Köln, die ihren städtischen Kliniken die Rückzahlung von Darlehen in Höhe einer halben Milliarde Euro erlassen möchte. Das Land Niedersachen stellt den Verantwortlichen der Landkreise und Städte gar einen politischen Freibrief aus. Neue Schulden, die ihren defizitären kommunalen Kliniken dienen, werden in den Haushaltsjahren 2024 bis 2026 bei der Überprüfung von Haushaltsplänen und Haushaltssicherungskonzepten nicht beanstandet.
Das alles spitzt die seit langem bestehende rechtswidrige Ungleichbehandlung zwischen öffentlichen und freigemeinnützigen Krankenhäusern weiter zu. Es bestraft einseitig diejenigen, die gemeinwohlorientierte Versorgung mit solider Wirtschaftlichkeit verbinden. Und die Defizitausgleiche reißen Finanzlöcher in die kommunalen Haushalte, die dringend notwendige Investitionen in die soziale Infrastruktur vor Ort verhindern.
Die Menschen spüren an allen Ecken und Enden: Die soziale Daseinsvorsorge wankt. Sei es angesichts überlasteter Kitas und maroder Schulen oder angesichts der Probleme, zügig einen Termin beim Facharzt zu bekommen. Nun kommt die Sorge um eine finanzierbare wohnortnahe Krankenhausversorgung dazu.
Die katholischen Träger waren und sind hierfür eine verlässliche Säule. Mit ihren regionalen Netzwerken aus Kliniken, Reha- und Pflegeeinrichtungen sowie daran angegliederten ambulanten Diensten leisten sie einen wichtigen Beitrag für eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung in allen Lebensphasen. Doch das kann nur so bleiben, wenn die Finanzierung dieser Leistungsangebote wieder auf eine faire und solide Basis gestellt wird.
Neue Bundesregierung muss Krankenhausreform korrigieren
Für den Krankenhausbereich heißt dies dreierlei: Eine auskömmliche Finanzierung der Betriebskosten vom Bund, die notwendigen Investitionsmittel von den Ländern und eine Anpassung des Fallpauschalensystems mit Sinn und Verstand. Die neue Bundesregierung muss ihrer Verantwortung nachkommen und die Finanznot der Krankenhäuser beenden. Zugleich muss sie Nachbesserungen an der beschlossenen Krankenhausreform vornehmen. Insbesondere die Regelungen zur Vorhaltevergütung und den Strukturvorgaben sind grundlegend zu überarbeiten. Ein zukunftsfestes Gesundheitswesen gibt es nur, wenn die wirtschaftliche Basis für alle Krankenhäuser verbessert wird, und die Versorgungsvorteile, die aus dem Wettbewerb der Trägervielfalt entstehen, erhalten bleiben.