Krankenhausreform

Schaulaufen im Videochat

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Schaulaufen im Videochat
© iStock.com/webphotographeer

Heute gaben Vertreter der Bundesländer im Bundesgesundheitsministerium (BMG) ihre gemeinsame Stellungnahme zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) ab. Gestern schon konnten knapp hundert Verbände in dreieinhalb Stunden per Videokonferenz ihre Positionen vortragen, darunter auch Gerald Gaß, Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), der vergangene Woche noch mit dem Gedanken gespielt hatte, dem Schaulaufen der Verbände fernzublieben. Vielleicht hatte die Entscheidung damit zu tun, dass die DKG heute noch einmal ein Extra-Termin beim Minister hat: Einige DKG-Abteilungsleiter dürfen ihre Positionen etwas detaillierter vortragen.

Kabinett könnte auch erst Ende Mai entscheiden

In der gestrigen Verbände-Anhörung gab es sieben Diskussionspunkte, wobei die ersten beiden zu Leistungsgruppen und Vorhaltepauschalen laut Teilnehmern schon rund zwei Drittel der dreieinhalb Stunden einnahmen. Die Sitzung leitete Michael Weller, Abteilungsleiter Gesundheitsversorgung/Krankenversicherung im BMG. Er bekräftigte mehr oder minder den Zeitplan seines Ministers Karl Lauterbach für die Reform: Die erste Lesung des Gesetzes solle vor der Sommerpause stattfinden. Ob das Bundeskabinett den Gesetzentwurf allerdings wie angekündigt am 8. Mai beschließt, ließ er offen. Das Kabinett werde ihn im Mai absegnen, so Weller. Planmäßig finden die Kabinettssitzungen jeden Mittwoch statt, also neben dem 8. noch am 15., 22. und 29. Mai. 

Anhörung: „Konstruktive Atmosphäre ohne politische Polemik“

Bei der gestrigen Anhörung gestattete das BMG den Verbandsvertretern jeweils nur wenige Sätze. Parallel dürften tausende Seiten von Stellungnahmen im BMG eingetrudelt sein. Ob diese Einschätzungen allerdings noch großen Einfluss auf das Gesetzeswerk haben, darf bezweifelt werden. „Es sind gestern viele wichtige und detaillierte Anregungen gekommen. Allerdings beschleicht mich große Skepsis, ob davon angesichts des Termindrucks überhaupt etwas durchdringen wird“, erklärte Michael A. Weber, Chef des Verbands leitender Krankenhausärztinnen und -ärzte (VLK) nach der Sitzung. „Wenn man sieht, in welch konstruktiver Atmosphäre ohne politische Polemik der Austausch zwischen BMG und Verbänden abgelaufen ist, fragt man sich, warum das BMG diesen Dialog nicht früher gestartet hat.“ 

Thomas Bublitz, Geschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Privatkliniken (BDPK), glaubt ebenfalls nicht, dass die Hinweise aus der Anhörung Berücksichtigung finden. Er warb in der Anhörung dafür, den Zusammenhang von Krankenhausplanung der Länder und der Finanzierung der Leistungen beizubehalten. „Es muss verhindert werden, dass die Länder einen Versorgungsauftrag zuweisen, die Finanzierung hingegen wegen abweichender Anforderungen in den Leistungsgruppen ausgeschlossen wird.“ 

Bublitz warnt außerdem, dass die Vorhaltefinanzierung zu Fehlanreizen führen werde, weil sie den Anreiz mindert, zusätzliche Patienten zu versorgen. Das führe zwangsläufig zu Wartezeiten. Angebracht wäre die Vorhaltefinanzierung hingegen für die sektorübergreifenden Versorgungseinrichtungen, die die bedarfsnotwendige Grundversorgung sicherstellen sollen.

Auch Johannes Wolff, Referatsleiter Krankenhausvergütung beim GKV-Spitzenverband, war im Videochat des BMG. „Der Referentenentwurf bleibt hinter den Erwartungen zurück. Vor allem beim Versprechen einer erlösunabhängigen Vorhaltefinanzierung haben wir uns mehr versprochen“, kommentierte Wolff. „Die Reform ist allenfalls ein Startpunkt. Wichtig ist, wie sich das Leistungsgruppensystem in Zukunft weiterentwickelt. Der momentan dafür vorgesehene Prozess macht allerdings wenig Hoffnung auf viel Veränderung.“ 

Zahl der Klagedrohungen wächst 

Als das BMG die Krankenhausreform vor gut anderthalb Jahren angeschoben hatte, sagte BMG-Abteilungsleiter Michael Weller, die Reform sei ein „Jahrhundertwerk“ für das man einen neuen „Modus der Gesetzgebung“ brauche. Ob der jetzt gewählte Modus zielführend ist, muss sich zeigen. Derzeit drohen fünf Institutionen mit einer Klage gegen das Gesetz: die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), der GKV-Spitzenverband, der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV), der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) und einige Bundesländer. Karl Lauterbach gibt sich angesichts dieser Drohungen betont gelassen. Er, so seine Botschaft, wird die Reform durchziehen. Ob geklagt wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt rein spekulativ. Kliniken sollten sich nicht auf ein schnelles Abwenden der Reform einstellen. Denn Klagen können Jahre dauern und ob das ganze Gesetz oder nur Teile zurückgenommen werden, ist schwer zu sagen.  

Am wahrscheinlichsten erscheint derzeit eine Klage der unionsgeführten Länder vor dem Bundesverfassungsgericht – doch auch die Länder könnten am Ende noch eine Einigung mit dem BMG erzielen. Der weitere Verlauf der Reform bleibt also spannend. 

Spätestens Anfang 2026 dürfte es dann eine neue Bundesregierung geben. Gut möglich, dass die Union dann selbst den Bundesgesundheitsminister stellt. Krankenhausreform, Notfallreform, Konsolidierung der Kassenfinanzen – aber auch die Lockerung der Schuldenbremse – dürften dann wieder oben auf der Agenda stehen. 

Autor

 Jens Mau

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