Krankenhausplanung ist die Achillesferse der deutschen Gesundheitspolitik. Deshalb steht sie auf dem Prüfstand. Gesundheitsminister Karl Lauterbach will mit seiner Reform vor allem Klinikträger dazu bewegen, Standorte aufzugeben. Doch selbst wenn der Träger will, sind die Beharrungskräfte brutal. Ein erschreckendes Beispiel dafür liefert derzeit das idyllische Ostseebad Eckernförde.
Dort steht ein 60 Jahre altes Krankenhaus, das die Kommune aus nachvollziehbaren Gründen verkleinern will: zu wenig Patienten, fehlendes Personal und ein wachsender Schuldenberg. Der kommunale Träger, der neben Eckernförde noch ein Haus in Rendsburg betreibt, müsste für 2023 allein 46 Millionen Euro zuschießen. Deshalb hat der Kreistag im Februar ein Sanierungskonzept gebilligt, laut dem Geburtshilfe und Chirurgie geschlossen und im 35 Autominuten entfernten Rendsburg konzentriert werden sollten.
Bürgerentscheid kippte Schließung
Landrat, Kreistag, Klinikleitung und die Planungsbehörde Schleswig-Holsteins waren sich einig und zogen am selben Strang. Das Land hat die Änderungen bereits im Krankenhausplan 2023 festgeschrieben und Investitionen in Höhe von 50 Millionen Euro zugesagt. Doch im November schlug dann die Stunde der Lokalpolitik: Die Kreistagsopposition hatte einen Bürgerentscheid organisiert, der die Schließung der Abteilungen mit klarer Mehrheit kippte. Damit wurde die Imland gGmbH vom Bürger gezwungen, einen erneuten Antrag auf Änderung des Krankenhausplans zu stellen – damit alles wieder so wird, wie es war.
Diesen Antrag lehnte das Land jedoch kurz vor Weihnachten ab. Rein technisch ist der Konflikt damit wieder auf den Stand vor dem Bürgerentscheid zurückgefallen. Allerdings sind die Imland Kliniken mittlerweile in die selbstverwaltete Insolvenz gegangen und müssen jetzt ein Sanierungskonzept ausarbeiten – und der Planungsbehörde für eine erneute Änderung des Krankenhausplans vorlegen. Wenn das Sanierungskonzept Ende März da ist, dürfte das Tauziehen in der Lokalpolitik von vorne losgehen. Spätestens dann wird der ganze Vorgang zu einer Spirale des Grauens. Parallel könnte noch ein Verwaltungsgericht prüfen, ob die Ablehnung des Bürgerentscheids durch das Land überhaupt rechtmäßig war.
SPD trieb den Bürgerentscheid an
Deprimierend bei diesem Spießrutenlauf ist die Rolle der Volksparteien: Federführende Kraft des Bürgerentscheids war die SPD. Das heißt, während Karl Lauterbach die Krankenhausstrukturreform predigt, torpediert ihn seine Partei auf lokaler Ebene. Auch die CDU macht keine gute Figur: Obwohl Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günter (CDU) – dessen Wahlkreis Eckernförde ist – die Umstrukturierung der Imland Kliniken befürwortet, ließ sein CDU-geführtes Innenministerium den höchst umstrittenen Bürgerentscheid zu. Denn die Abstimmung ist aus zweierlei Gründen grenzwertig: Wieso sollen Bürger über den Fortbestand einer Klinik entscheiden, wenn die Landesbehörde diese Entscheidung sowieso wieder kassiert? Und ganz grundsätzlich stellt sich die Frage, ob ein Volksentscheid so zugeschnitten sein darf, dass er eine zwingend notwendige Sanierung blockiert.
Eckernförde ist leider kein Einzelfall, sondern macht klar, worauf es bei einer Krankenhausreform ankommt. Bund und Länder müssen Anreize und Regeln schaffen, die eine sinnvolle Krankenhausstruktur ermöglichen. Doch genauso wichtig dürfte es sein, dass die Politik Konflikte wie in Eckernförde nicht aus dem Ruder laufen lässt.