Berliner Kommentar

Taktik ist nicht Lauterbachs Stärke

  • Krankenhausreform
  • Politik
  • 17.04.2024

f&w

Ausgabe 4/2024

Seite 339

An Karl Lauterbach scheiden sich die Geister – auch in der Gesundheitsszene. Die einen halten den Gesundheitsminister fachlich eher für einen Hochstapler. Die anderen loben sein profundes Wissen sowohl über das Gesundheitssystem als auch über medizinische Themen. Einigkeit besteht zumindest darin, dass Taktik nicht gerade seine Stärke ist und er oft ziemlich erratisch agiert. Wenn der SPD-Mann bei öffentlichen Terminen mal wieder irgendein neues Projekt ankündigt, lohnt es sich, die anwesenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ministeriums zu beobachten. Nicht selten sind sie ähnlich erstaunt wie die übrigen Zuhörer.

Als Beweis für Lauterbachs mangelndes taktisches Geschick wird zu Recht die Krankenhausreform angeführt. Dabei fing die Sache noch gut an: Um die Länder auf seine Seite zu ziehen und ein Konsensmodell zu entwickeln, versprach Lauterbach zunächst, ein zustimmungspflichtiges Gesetz auszuarbeiten. Ein durchaus geschickter Schachzug war auch, die von CDU-Landesminister Karl-Josef Laumann für Nordrhein-Westfalen entwickelten Leistungsgruppen weitgehend für die bundesweite Reform zu übernehmen. Denn so konnte Lauterbach viele Länder besänftigen und es gleichzeitig der oppositionellen Union im Bundestag schwerer machen, die Reform zu kritisieren.

Doch dann beging er Fehler: Unnötigerweise provozierte er seine Länderkolleginnen und -kollegen mit seinem Transparenzgesetz, das ausschließlich zum Ziel hat, die inzwischen von den Ländern abgelehnte Level-Einteilung doch noch irgendwie durchzusetzen. Als der Streit ums Transparenzgesetz im Bundesrat eskalierte, kündigte er zum Missfallen der Länder auch noch an, die Finanzierungsreform anders als geplant als Einspruchsgesetz zu gestalten, allenfalls ergänzt um zustimmungspflichtige Rechtsverordnungen. Um sein Transparenzgesetz angesichts der Ablehnungsfront durch den Bundesrat bringen zu können, sah er sich allerdings gezwungen, den Ländern einen milliardenschweren Transformationsfonds und Anpassungen beim Landesbasisfallwert anzubieten. „Ich verstehe einfach nicht mehr, was Lauterbach da treibt. Ich glaube, er versteht es selbst nicht“, so der Chef einer Krankenkasse entnervt.

Die Erfahrung lehrt eigentlich, dass ein so großes Projekt wie eine Krankenhausreform, deren Umsetzung über mehrere Legislaturperioden läuft, nur im Konsens mit den Ländern und den großen Oppositionsparteien funktionieren kann. Sinnvoll wäre daher gewesen, auf das Transparenzgesetz zunächst zu verzichten, die Krankenhausreform mit den Ländern zusammen auszuverhandeln und frühestens am Ende für den finalen Durchbruch Geld herauszurücken. Lauterbach sieht das naturgemäß anders und rühmt sich in der Regel dafür, Gesetze so durchzubringen, wie er sie eingebracht habe. Man wird sehen, wie es am Ende ausgeht.

Die hohen Beträge, die nun für die Kliniken im Raum stehen, werden Lauterbach auf alle Fälle noch Probleme bereiten. Sie werden sich je nach genauer Ausgestaltung der gesetzlichen Regelungen auf bis zu fünf Milliarden Euro jährlich belaufen. Hinzu kommen die versprochene Entbudgetierung bei den Hausärzten und der Aufbau von „Gesundheitskiosken“, was zusammen zusätzlich rund 500 Millionen Euro kosten dürfte. Gemessen an der üblichen Faustformel, nach der 1,7 Milliarden Euro 0,1 Beitragspunkte ausmachen, werden die Beiträge damit im kommenden Jahr um einige Zehntel steigen müssen. Dabei ist 2025 nicht irgendein Jahr: Es ist ein Wahljahr!

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