Union und SPD stellen den Krankenhäusern den lange geforderten Betriebskostenausgleich in Aussicht. Der soll offenbar aus dem Sondervermögen Infrastruktur fließen – einer kreativen Wortschöpfung sei Dank.
Der Inflationsausgleich ist eine der wichtigsten Forderungen der Krankenhausverbände und der Bundesländer. Für die beiden Jahre mit einer besonders hohen Inflationsrate (2022: 6,9 Prozent; 2023: 5,9 Prozent) brauchen die Kliniken rückwirkend Geld, um die damit entstandenen Kosten zu decken, so die Lesart. Während sich die Branche an Gesundheitsminister Karl Lauterbach und Finanzminister Christian Linder die Zähne ausgebissen hat, könnte dieser Wunsch nun endlich in Erfüllung gehen – neuer Regierung, neuer Schulden und einer kreativen Auslegung des Sondervermögens sei Dank.
Denn die an speziellen Termini nicht arme Gesundheitsbranche ist seit wenigen Tagen um einen Begriff reicher: Sofort-Transformationskosten. Diese Formulierung findet sich in Zeile 3.444 des Koalitionsvertrags. Dort heißt es:
"Die Lücke bei den Sofort-Transformationskosten aus den Jahren 2022 und 2023 sowie den bisher für die GKV vorgesehenen Anteil für den Transformationsfonds für Krankenhäuser finanzieren wir aus dem Sondervermögen Infrastruktur."
Während die Übernahme der hälftigen Kosten für den Transformationsfonds vergleichsweise unstrittig ist, wirft die Formulierung „Sofort-Transformationskosten“ im Koalitionspapier Fragen auf. Thomas Bublitz, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Privatkliniken (BDPK) geht davon aus, dass damit der Betriebskostenausgleich gemeint ist, den die Fachpolitiker aus CDU, CSU und SPD in ihren Koalitionsgesprächen verhandelt hatten. In dem Papier der Arbeitsgruppe hieß es noch:
"Um die finanzielle Stabilität der bedarfsnotwendigen Krankenhäuser zu sichern, schließen wir die Lücke aus den Jahren 2022 und 2023 in deren Betriebskostenfinanzierung."
Diese Formulierung ist im endgültigen Koalitionsvertrag jedoch nicht mehr enthalten, dafür aber die bereits genannten Transformationskosten. Worum es sich bei dieser genau handelt, welche Kosten berücksichtigt werden und wie groß diese Lücke letztlich ist, ist allerdings unklar – selbst unter Fachpolitikern.
Selbst Fachpolitiker rätseln noch
Aus Kreisen der Verhandler für den Gesundheitsbereich heißt es, dass die geänderte Formulierung der „Sofort-Transformationskosten“ erst nach den Verhandlungen aus der Arbeitsgruppenphase eingefügt wurde – und zwar von den Parteispitzen. Aktuell gehen Gesundheitspolitiker davon aus, dass damit ein Ausgleich gemeint ist, der neben den ursprünglich genannten Betriebskosten zusätzlich auch andere Transformationskosten umfasst – beispielsweise Investitionskosten –, die im Vorfeld der Krankenhausreform 2022 und 2023 angefallen sind. Die genaue Höhe ist derzeit allerdings noch unklar und müsste in einem gesonderten Gesetz definiert werden. Die Verhandler aus der AG Gesundheit hatten dafür ursprünglich vier Milliarden Euro (für beide Jahre) veranschlagt.
Auch die Krankenhausverbände interpretieren das Vorhaben unterschiedlich. Während der Evangelische Krankenhausverband DEKV bemängelt, „dass ein echter Inflationsausgleich für 2022 und 2023 erneut nicht grundsätzlich vorgesehen ist“, lobt die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), dass die „dringend notwendigen Mittel zur Deckung der Lücke aus den Jahren 2022 und 2023, die benötigt werden, um die Strukturen zur Gestaltung einer planvollen neuen Krankenhauslandschaft stabilisieren zu können, auch in der Endfassung des Koalitionsvertrages enthalten sind.“
Transformationsfonds „verfassungsfest“
Gesichert ist derweil, dass der Bund aus dem Sondervermögen den Krankenkassenanteil des Transformationsfonds finanziert. „Mit der jetzigen Einigung machen wir den Krankenhaus-Transformationsfonds verfassungsfest“, sagt CDU-Gesundheitspolitiker Tino Sorge, der als neuer Bundesgesundheitsminister gehandelt wird. Es sei gut, dass dieser nun hälftig aus Mitteln des Sondervermögens Infrastruktur gespeist werden soll und nicht mehr aus GKV-Mitteln. „Damit ist die Finanzierung für einen Großteil der Umstrukturierungen der kommenden Jahre abgesichert und der Druck auf die Kassenfinanzen wird an dieser Stelle verringert.“