Orientierungswert von Bernadette Rümmelin

Irrweg Zentralisierung

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Irrweg Zentralisierung

Gesundheitsminister Spahn hatte bei seinem Amtsantritt viel vor. Doch durch die Pandemie sind einige Pläne auf der Strecke geblieben, auch die zur Reform der Krankenhausversorgungslandschaft. Derweil schritten einzelne Bundesländer mit Reformen in ihrer Landeskrankenhausplanung voran, so Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Hessen. Es kommt Bewegung in die föderale Landschaft.

Die Erkenntnisse dort sind nicht neu: Es gibt Doppelstrukturen, Angebote passen nicht zum regionalen Versorgungsbedarf, und die Akteure sind unzureichend koordiniert. Auch eine Enquete-Kommission in Niedersachsen kam zu wenig überraschenden Ergebnissen: Die Versorgung ist flächendeckend auf hohem Niveau sichergestellt. Doch durch eine gezielte Steuerung, Aufgabenteilung und Bündelung von Kapazitäten können die Versorgungsergebnisse, beispielsweise die Qualität, verbessert werden. Ziel soll demnach „die Konzentration von speziellen Versorgungsleistungen bei gleichzeitiger Gewährleistung einer flächendeckenden Grundversorgung sein“.

Auch ein Blick auf Positionierungen der Krankenkassen kommt zu ähnlichen Befunden, so auch das aktuelle Gutachten des IGES-Instituts im Auftrag des Verbandes der Ersatzkassen (VDEK). Darin werden eine Weiterentwicklung der Krankenhausstruktur, angemessene Investitionen der Bundesländer, Konzentration von Leistungen sowie die Vermeidung von medizinisch nicht notwendigen Leistungssteigerungen und Monopolstellungen im Markt gefordert.

Die Kassen setzen weiter auf Mindestmengen, Strukturanforderungen und zentrale Vorgaben durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), um den Strukturwandel möglichst rasch über die Bundesebene herbeizuführen. Das Ziel der Kostenreduktion ist dabei klar im Blick, von den regionalen Versorgungsaspekten wird der jedoch leider abgewandt. Dabei sind die Gegebenheiten und der Versorgungsbedarf von Region zu Region sehr unterschiedlich. Vom Bund zentral vorgegebene Einheitslösungen können dem nicht gerecht werden.

Die Zentralisierung der Krankenhausversorgung ist nicht der Königsweg. Ein Strukturwandel nach dänischem Vorbild würde Neuinvestitionen von 80 Milliarden Euro erfordern. Angesichts der enormen Folgekosten der Corona-Pandemie für die öffentlichen Kassen dürfte das Interesse an einer solchen Großinvestition nach der Bundestagswahl gering sein. Ein radikaler Umbau der Krankenhauslandschaft wäre also nicht finanzierbar. Aber er ist auch nicht nötig.

Mehr Spezialisierung und damit eine weitere Steigerung der Behandlungsqualität sind auch in dezentralen Strukturen möglich. Kliniken sollten sich intelligent vernetzen und sich im Leistungsprofil jeweils auf ihre Stärken konzentrieren. Auch so können Doppelstrukturen abgebaut werden, und die Strukturen verändern sich gleichsam organisch. Dass dies praktisch möglich ist, zeigen Rechenmodelle bereits heute. Zudem fallen gut aufgestellte wohnortnahe Krankenhäuser bei der Qualität und Effizienz nicht zwangsläufig hinter Maximalversorgern zurück, wenn sie sich an der Schwerpunktbildung beteiligen. Das zeigen Auswertungen aus der Qualitätsdatenberichterstattung eindrücklich.

Die Pandemie hat die Kooperationsbereitschaft unter den regionalen Akteuren in der Gesundheitsversorgung deutlich gestärkt. Diese Motivation gilt es zu erhalten und zu nutzen, um vor Ort passgenaue Versorgungsnetzwerke zu etablieren. Ziel müssen die Sicherstellung der Daseinsvorsorge und von gleichwertigen Lebensverhältnissen auch in ländlichen Regionen sein. Die Nähe zu den Menschen darf nicht verloren gehen. Hier stehen die Länder als föderale Planungsorgane in der Verantwortung. Sie sind nun gefordert, Rahmenvorgaben zu machen, die zu den Versorgungsbedarfen ihrer Bürgerinnen und Bürger passen.

Autor

 Bernadette Rümmelin

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