Orientierungswert

Wann schmilzt der überflüssige Teil der Krankenhausreform endlich?

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Wann schmilzt der überflüssige Teil der Krankenhausreform endlich?
Reinhard Schaffert © privat

„Die Krankenhausreform schmilzt dahin wie ein Schneemann im Sommer“, leitete eine Journalistin ihre Frage auf der Pressekonferenz zum Jahresbeginn der Deutschen Krankenhausgesellschaft ein. Was bei einem solchen Schmelzprozess übrig bleibt, ist die Karotte für die Nase und die Kohlestücke für die Augen und die Knöpfe. Eigentlich wissen wir alle, dass eine Krankenhausreform notwendig ist. Doch die Differenzen zwischen Bund und Ländern scheinen zu groß, um in der notwendigen Geschwindigkeit voranzukommen. Die politisch ungeschickte Sturheit von Gesundheitsminister Lauterbach, seine Agenda auch gegen die Länder und unter Ausgrenzung der Verbände durchsetzen zu wollen, ist dabei nicht hilfreich. Und er will außerdem alles zugleich.

Natürlich, aus seiner Perspektive hat er wenig Zeit in der verbleibenden Legislaturperiode und eine weitere Amtszeit für ihn ist doch – abgesehen vom Ausgang der Wahl – äußerst unwahrscheinlich. Vielleicht sollten wir alle, inklusive Lauterbach, trotzdem mit Blick auf die Krankenhausreform die Erwartungen etwas zurückschrauben, in dem wir zunächst die komplexen und strittigen Teile der Reform abschmelzen lassen – und den Fokus auf das richten, was übrigbleibt. Und ich denke, das ist noch genug, um die wesentlichen Ziele zu erreichen.

Bürokratie statt Entökonomisierung

Kern der Reform sind die Leistungsgruppen, die als Element der Krankenhausplanung weitgehend konsensfähig und umsetzbar sind und das Ziel der Zentralisierung von Leistungen, bei denen Menge oder Ausstattung die Qualität beeinflussen, durchaus erreichen können. Die Leistungsgruppenplanung könnte als erster, aber aus meiner Sicht wichtigster Schritt, vom Rest der Reform getrennt werden.

In diesem ersten Schritt sollten wir uns allerdings von einem Leistungsgruppengrouper verabschieden, der jeden Fall genau einer Leistungsgruppe zuweist. Diese Idee mag technisch sicherlich umsetzbar sein, allerdings wäre die praktische Anwendbarkeit fraglich. Es gibt genügend Fälle, die mehrere Leistungsgruppen betreffen, ganz zu schweigen von Querschnittsgruppen wie Intensiv- oder Notfallmedizin.

Und auch wenn es die Krankenhausseite war, die eine Vorhaltefinanzierung gefordert hatte: In der geplanten Form ist diese zu komplex und bürokratisch und verfehlt das eigentliche Ziel der „Entökonomisierung“ und Fallzahlunabhängigkeit. Auch dies wurde auf der Pressekonferenz der DKG durch die dort vorgestellte Vebeto-Studie dargelegt. Unter anderem aufgrund der Komplexität der Vorhaltefinanzierung sind die dadurch entstehenden Anreize und Fehlanreize heute noch gar nicht vollständig abzusehen. Es ist eine Illusion, dass sich durch die Vorhaltefinanzierung Fehlanreize vermindern, die Leistungsspirale endet und Krankenhäuser finanziell stabilisieren. Oder gar, dass die Krankenhausfinanzierung „gerechter“ wird.

Ein Großteil der Diskussionen um die Krankenhausfinanzierung und die Eingriffe in das bestehende Finanzierungssystem wäre unnötig, wenn Bund und Länder ihrer Verpflichtung zur auskömmlichen Finanzierung nachkommen würden. Doch die Investitionsförderung ist seit Jahrzehnten unzureichend und die Landesbasisfallwerte werden nicht an die Preisentwicklung angepasst.

Große Insolvenzwelle - und kein Land in Sicht

Genau die Regelung, die eine Anpassung der Landesbasisfallwerte an zurückgehende Leistungszahlen auf Landesebene ermöglicht hätte, wurde vom Gesetzgeber gerade in dem Moment gestrichen, in dem dieser Mechanismus nötig gewesen wäre. Es ist egal, ob die Krankenhausreform nun der große Wurf oder abgespeckt wird: Ohne ausreichende Finanzierung werden mehr und mehr Krankenhäuser in die Insolvenz rodeln.

Es mag enttäuschend sein, wenn die Krankenhausreform zunächst nur noch die Leistungsgruppenplanung, ähnlich wie in Nordrhein-Westfalen, beinhaltet. Doch vor allem dieses Element der Reform muss schnell kommen, wenn demografische Entwicklung und Fachkräftemangel die Zukünftige Versorgung nicht gefährden sollen. Wir können uns keinen zusätzlichen Wasserkopf leisten, in dem sich tausende Menschen in Krankenhäusern und bei Krankenkassen mit den Auswirkungen einer hochkomplexen Vorhaltefinanzierung beschäftigen.

Die Versorgung der Menschen in unserem Land wird in erster Linie von denen geleistet, die in der unmittelbaren Patientenversorgung arbeiten: Als Pflegekräfte oder Ärztinnen und Ärzte. Sie verdienen, dass unser Gesundheitssystem von Bürokratie und komplexen Regeln entlastet wird und keine neuen Regelungen dazu kommen, die lediglich die Verwaltungen aufblähen und die Ressourcen für die Versorgung reduzieren. Sie verdienen es, dass ihre Aufgabe und Leistung kostendeckend finanziert wird.

Autor

 Reinhard Schaffert

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