Monatelang versprach Gesundheitsministerin Nina Warken stabile Beiträge in der GKV. Doch statt zusätzlicher Mittel vom Finanzminister kam ein fragwürdiges Sparpaket. Egal, wie der Bundesrat am Freitag entscheidet: Die Beitragsspirale läuft weiter.
Monatelang hörte man von Gesundheitsministerin Nina Warken die immer gleichen Sätze: Ja, es gebe ein großes Defizit in der gesetzlichen Krankenversicherung. Aber die Koalition wolle die Beiträge stabil halten und deshalb fordere sie mehr Geld von Finanzminister Lars Klingbeil. Und ja, man sei dazu in der Regierung in „guten Gesprächen“, so die CDU-Frau. Doch es bewegte sich lange Zeit gar nichts – und dann wurde die Zeit bis zur Sitzung des Schätzerkreises knapp, der stets im Herbst die Finanzsituation der Krankenversicherung für das kommende Jahr prognostiziert.
Das Sparpaket in letzter Minute – und seine Tücken
Erst in letzter Minute packte Warken notgedrungen ein kleines Sparpaket auf den Tisch des Koalitionsausschusses, obwohl schon Wochen vorher klar war, dass Klingbeil nicht mehr Geld zur Verfügung stellen würde. Das hatte aber nicht ausschließlich mit der angespannten Haushaltslage zu tun, sondern auch viel mit Parteipolitik: Die CDU-Ministerin solle gefälligst ihren Job machen und die Finanzen der Krankenversicherung in Ordnung bringen, hieß es immer wieder im sozialdemokratisch geführten Finanzministerium. Angesichts von jährlichen Ausgaben in Höhe von über 300 Milliarden Euro müsse es ja wohl möglich sein, ein Loch von zwei Milliarden Euro zu stopfen.
Was Warken dann vorlegte, war nicht das ausgewogene Paket, das vorher immer wieder von allen Seiten angemahnt worden war. Aber es war taktisch gar nicht so ungeschickt: Die Streichung der Meistbegünstigungsklausel für die Kliniken konnte Warken in der Koalition mit der Begründung durchsetzen, die Krankenhäuser hätten ja gerade erst vier Milliarden Euro als „Sofort-Transformationskosten“ bekommen. Dass die gesamte Aktion, die 1,8 Milliarden Euro sparen soll, höchst widersprüchlich ist, wie die Opposition umgehend kritisierte, nahm Warken schulterzuckend zur Kenntnis – schließlich versteht kaum jemand in der Öffentlichkeit die komplizierten Vergütungsregeln. Es gibt also – anders als bei der zunächst auch diskutierten, aber von der SPD abgelehnten Anhebung der Zuzahlungen für die Versicherten – kein „Verhetzungspotenzial“.
Sondervermögen als Argument. Ein politischer Taschenspielertrick?
Allerdings ist die Sparmaßnahme unabhängig von der Frage, wie stark sie die Kliniken belastet, auch aus einem anderen Grund höchst fragwürdig. Wenn die Regierung den Krankenhäusern erst aus dem Infrastruktur-Sondervermögen Geld für die Transformation zahlt, später dann aber unter Hinweis auf diese Zuschüsse die Vergütung kappt, dann bedeutet das im Kern: Das Sondervermögen wird missbraucht, um die Krankenkassenbeiträge stabil zu halten. Damit bricht die Koalition aber ihre eigene Zusage, wonach das schuldenfinanzierte Sondervermögen nur für Investitionen genutzt wird.
Ohnehin wird es der Koalition nicht gelingen, mit den Sparmaßnahmen die Beiträge stabil zu halten. Der Schätzerkreis prognostizierte den Zusatzbeitrag für 2026 zwar auf 2,9 Prozent und damit auf die aktuelle Höhe. Doch in der Prognose ist nicht berücksichtigt, dass die Kassen weiterhin mehr Geld brauchen, um ihre geschrumpften Rücklagen wieder auf das gesetzliche Mindestmaß anzuheben. Außerdem werden die Konjunkturerwartungen der Regierung von vielen Experten für zu optimistisch gehalten. Die Schätzungen für den Zusatzbeitrag reichen nunmehr bis zu 3,2 Prozent. Die Beitragsspirale sei also längst nicht durchbrochen, wie Warken versichert. Sie dreht sich weiter.
